Katalog für Krankheiten WHO erkennt «zwanghaftes Sexualverhalten» als psychische Störung an

AFP

15.7.2018

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die sogenannte «Sexsucht» als psychische Störung anerkannt. Eine Entschuldigung für sexuellen Missbrauch oder Vergaltigung dürfe dies jedoch nicht sein.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die sogenannte «Sexsucht» als psychische Störung anerkannt. Eine Entschuldigung für sexuellen Missbrauch oder Vergaltigung dürfe dies jedoch nicht sein.
Bild: Friso Gentsch/Symbolbild

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat «zwanghaftes Sexualverhalten» als psychische Störung anerkannt und in ihren Katalog für Krankheiten aufgenommen.

Als Sucht auf einer Stufe mit Glücksspiel oder Drogenmissbrauch klassifizierte die in Genf ansässige Organisation «Sexsucht» jedoch nicht. «Wir haben das Gefühl, dass die Beweise noch nicht vorliegen, dass der Verlauf dem bei Alkohol oder Heroin entspricht», erklärte WHO-Experte Geoffrey Reed der Nachrichtenagentur AFP am Samstag.

In der letzten Aktualisierung ihrer Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) bewegt sich die WHO in die Richtung einer Legitimierung des häufig als «Sexsucht» bezeichneten Konzepts der Hypersexualität als psychische Krankheit. Es gebe Menschen, die das Gefühl hätten, ihr sexuelles Verhalten nicht kontrollieren zu können, und darunter leiden, sagte Reed. Die ICD dient weithin als Bezugsnorm für Diagnosen und Krankenversicherungen.

«Sexsucht» und #MeToo-Bewegung

Der Begriff der «Sexsucht» ist parallel zur #MeToo-Bewegung, im Zuge derer weltweit Menschen über ihre Erfahrungen mit sexueller Misshandlung berichtet haben, vermehrt in der Öffentlichkeit aufgetreten. Die Bewegung hat zahlreiche mächtige Männer zu Fall gebracht, darunter der ehemalige Hollywoodmogul Harvey Weinstein, der Berichten zufolge monatelang wegen angeblicher Sexsucht in Behandlung war.

WHO-Experte Reed glaubt aber nicht, dass die Aufnahme sexuellen Zwangsverhaltens in das Klassifikationssystem als Entschuldigung für kriminelles Verhalten benutzt werden könne. «Es entschuldigt keinen sexuellen Missbrauch oder Vergewaltigung.» In solchen Fällen werde eine Entscheidung getroffen, kriminell zu handeln.

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