Weniger VergiftungenZu trocken: Pilzfreunde warten auf den grossen Regen
SDA
16.8.2018 - 11:04
Der vielerorts ausbleibende Regen hat auch negative Folgen für die Pilzpopulation. Gibt es in den nächsten Wochen keinen flächigen Niederschlag, wird es wohl die schlechteste Pilzsaison seit 15 Jahren.
«Der Mensch ist wie ein Pilz: Schützt man ihn vor dem Regen, kann er nicht wachsen und sich entwickeln.» Die Aussage des tschechischen Aphoristikers Pavel Kosorin wird derzeit in den Wäldern des Mittellands belegt. Die Trockenheit der vergangenen Monate hinterlässt sichtbare Spuren, es herrscht ein Mangel an Pilzen.
«Wenn das Moos unter den Füssen knirscht, dann ist jeder Pilz, den man findet, eine kleine Sensation», sagt Monika Christen, Pilzkontrolleurin in der Region Bern, im Video. Ausser einzelnen Pilzen, die an Zweigen und Ästen wachsen, sei derzeit wenig zu sehen. Der simple Grund: «Es ist zu trocken.»
Erinnerungen an den Sommer 2003
Auswirkungen hat dies sowohl auf die Vielfalt als auch auf die Menge der Pilze. Christen muss weit zurückgehen, um sich an eine ähnliche Situation erinnern zu können. «Zum letzten Mal gab es im Jahr 2003 eine solche Pilztrockenheit.» Die damalige Dürreperiode hatte gar Nachwirkungen. Auch die Saison 2004 war eher mager.
Über das Wetter aufregen mag sich die seit 17 Jahren tätige Pilzkontrolleurin Christen aber nicht. «Wir sind nun mal der Natur ausgeliefert», sagt sie. «Es kommt, was kommt – und was nicht kommt, kommt vielleicht nächstes Jahr.»
Hoffnung stirbt zuletzt
Nicht alle Gebiete sind von der Trockenheit gleich betroffen. Und auch in Wäldern und Wiesen mit derzeit ausgetrockneten Böden gibt es noch Hoffnung für passionierte Pilzsammler. «Die Situation kann sich schnell ändern», sagt Christen.
Vielleicht könne es sogar noch ein ganz gutes Pilzjahr werden. Denn die Saison habe gut begonnen. Besonders die Steinpilze seien im Frühjahr regelrecht aus dem Boden geschossen. Klar sei aber: Für eine Entspannung brauche es flächigen Regen. «Dann hat das Pilzjahr 2018 noch eine Chance.»
Achtung Verwechslungsgefahr
Die fehlende Feuchtigkeit schränkt auch das Wachstum der Pilze ein. Dies birgt Gefahren, wie Christen ausführt. «Durch die Trockenheit wird es schwieriger, die Pilze richtig zu bestimmen.»
Das heisst: Grosse Pilze könnten plötzlich ganz klein sein; oder die Oberfläche des Hutes sei nicht glatt wie sonst üblich, sondern zerrissen. «Das kann dazu führen, dass weniger erfahrene Sammler die Pilze falsch benennen», sagt Christen.
Die Folgen sind teilweise verheerend. Jedes Jahr werden der Beratungsstelle Tox Info Suisse mehrere hundert Fälle von Pilzvergiftungen gemeldet. Eine grosse Gefahr geht von den verschiedenen Knollenblätterpilzen aus, die mit Champignons oder Frauentäublingen verwechselt werden.
Weniger Vergiftungen
Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt: Je mehr Pilze es gibt, desto mehr Vergiftungen werden registriert. Diese Aussage wurde kürzlich sogar wissenschaftlich belegt. Insofern ist es wenig erstaunlich, dass die Fallzahlen bei Tox Info Suisse seit Beginn der Trockenperiode eingebrochen sind.
«Von Mitte Juni bis Mitte August haben wir deutlich weniger Anrufe erhalten als im Vorjahr», sagt Pilzexpertin Katharina Schenk-Jäger. In Zahlen ausgedrückt: Im Sommer 2017 hatte Tox Info Suisse 128 Fälle von Pilzvergiftungen registriert, dieses Jahr waren es nur noch 49 Anfragen.
Die Dürre hat also zumindest in dieser Hinsicht auch positive Folgen für den Menschen.
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