Mexikos Kaffeebauern Ausbeutung «seit Jahrzehnten» –Widerstand gegen Nestlé-Werk 

Philipp Dahm

21.12.2018

Konzern-Zentrale in Vevey VD: «Nestlé beutet seit Jahrzehnten Kaffee-Produzenten nicht nur in Mexiko, sondern auf der ganzen Welt aus», kritisert ein Aktivist.
Konzern-Zentrale in Vevey VD: «Nestlé beutet seit Jahrzehnten Kaffee-Produzenten nicht nur in Mexiko, sondern auf der ganzen Welt aus», kritisert ein Aktivist.
Bild: Keystone

Nestlé plant eine neue Kaffee-Produktionsstätte in Mexiko, doch Aktivisten und lokale Bauern kritisieren das Vorhaben: Der Schweizer Konzern würde die Produzenten nur ausbeuten, sagen sie.

Nestlé hat einen starken Partner gefunden: Im Mai haben die Schweizer verkündet, mit der Kaffee-Kette «Starbucks» zusammenzuarbeiten. Die Kooperation ist dem grössten Lebensmittel-Konzern der Welt gut sieben Milliarden Franken wert.



Gibt es ein Kaffee-Diktat?

Nun wollen die Schweizer, dass Mexiko Brasilien als grössten Kaffee-Lieferanten ablöst und bauen dafür im Bundesstaat Veracruz ein neues Werk: Gut 152 Millioen Franken sollen in eine neue Produktionsanlage investiert werden. Der Konzern kauft von Kleinbauern in dem amerikanischen Land jährlich Kaffee in Höhe von rund 94 Millionen Franken.

Nescafé wird 80:

Doch diese Kleinbauern sind von der Ankündigung nicht begeistert. «Nestlé kontrolliert seit langem den Kaffepreis und beutet seit Jahrzehnten Kaffee-Produzenten nicht nur in Mexiko, sondern auf der ganzen Welt aus», kommentiert Cirilo Elothán Díaz vom Regionalen Kaffee-Rat der Gemeinde Coatepec auf der mexikanischen Newswebsite «Telesur» das Vorhaben.

Obwohl Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Obrador nach einem Treffen mit dem Nestlé-CEO am Dienstag von 10'000 neuen Jobs in der Region sprach, scheinen sich die Bauern ob des Neubaus keine grossen Hoffnungen zu machen. Dazu passt, dass Nestlé in seiner Pressemitteilung lediglich 250 neue Stellen vermeldet – neben 2'500 indirekten Arbeitsplätzen, die geschaffen würden.

Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Obrador: wundersame Job-Vermehrung.
Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Obrador: wundersame Job-Vermehrung.
Bild: Keystone

Es ginge auch anders

Manuel Garcia Estrada ist einer der besorgten Kaffeebauern aus Veracruz. «Sie haben gerade eine grossartige, globale Allianz bekanntgegeben, die die Ernte im Voraus kauft und Preis sowie Qualität bestimmt. », sagt er dem lokalen Newsportal «Hora Cero». «Sie legen die Anforderungen fest. Sie sind diejenigen, die sagen, wie der Kaffee schmecken, wie er zubereitet und wie er verkauft werden soll.»

Besuch bei einem mexikanischen Kaffeebauern – weil Reise-Blogger den Clip gemacht haben, wird neben interessanten Dschungelbildern auch überflüssig viel vom Hotel gezeigt.

Dass die linksgerichtete Organisation «Plan von Ayala» gegen die Nestlé-Pläne opponiert, ist dagegen erwartbar. «Die Art und Weise, mit der Nestlé da einsteigt, wird niemandem von uns etwas bringen. Es ist zwar eine Millioneninvestition, aber die Produzenten sehen nichts davon. Wenn Nestlé einen Entwicklungsplan auftstellen würde, der die Kaffeebauern aus der Armut holt, würden wir sie unterstützen. Aber wir wissen schon im Voraus, dass sie die Kaffeebauer nur ausbeuten wollen», heisst es in einer Erklärung.

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel «Coffee Justo»: Die Genossenschaft aus Südmexiko zahlt den Bauern nicht nur anständige Löhne, sondern kümmert sich auch um ihre Gesundheits- und Altersvorsorge. Fair gehandelten Kaffe gibt es auch beim «Community Agroecology Network», «Sin Fronteras Coffee», «Café Zapatista», «Mexico Comon Yaj Noptic Cooperative», «Equal Exchange», «Pachamama Coffee» oder «Thanksgiving Coffee».

Schlechte Presse 

Sprecher Ramon Pino Mendez ergänzt, dass die Schweizer den Anbau von «Robusta Coffee» förderten: Die Pflanze braucht keinen Schatten und fördert deshalb die Abholzung in ihren Anbaugebieten. Der Unmut der Landwirte wird zusätzlich durch das gerade beschlossene Staatsbudget für das Jahr 2019 angestachelt: Ihre Subventionen wurden halbiert.



Nestlés neues Werk soll 20'000 Tonnen «grünen Kaffees» verarbeiten, teilen die Schweizer mit. Damit ist die Kaffeesorte «Robusta Coffee» gemeint, deren Bohnen vor dem Rösten diese Farbe haben. Die ist zwar nicht wirklich grün, aber den Kaffee nennt man dennoch so.
Nestlés neues Werk soll 20'000 Tonnen «grünen Kaffees» verarbeiten, teilen die Schweizer mit. Damit ist die Kaffeesorte «Robusta Coffee» gemeint, deren Bohnen vor dem Rösten diese Farbe haben. Die ist zwar nicht wirklich grün, aber den Kaffee nennt man dennoch so.
Bild: WikiCommons/FCRebelo

Der Fall rückt den Konzern erneut in den Fokus von Aktivisten, nachdem die Firmenleitung in Vevey VD zuletzt im Oktober Kritik hinnehmen musste. Frühere Kinderarbeiter aus der Kakaoindustrie der Elfenbeinküste haben einen juristischen Etappensieg errungen. In der Vorinstanz war ihre Klage gegen die Schweizer und andere beteiligte Unternehmen abgewiesen worden, doch sie darf nun weiterverfolgt werden.

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