Landwirtschaft Gitzi als unerwünschtes Nebenprodukt

SDA

27.6.2019 - 13:07

Abfallprodukt der Milchwirtschaft: Wenige Wochen alte Zicklein im Schlachthof.
Abfallprodukt der Milchwirtschaft: Wenige Wochen alte Zicklein im Schlachthof.
Source: Schweizer Tieschutz STS

Die zunehmende Beliebtheit von Ziegenmilch hat laut dem Schweizer Tierschutz (STS) eine Schattenseite: Die kleinen Zicklein haben kaum Wert und werden als Abfallprodukt behandelt.

Ziegenmilch liegt im Trend und ist nicht zuletzt bei Kuhmilch-Allergikern gefragt. Für Bauernbetriebe stellt die Milchproduktion mit Ziegen aufgrund des guten Literpreises ein lukratives Geschäft dar. Aktuell wird etwa doppelt so viel Ziegenmilch produziert wie vor rund 20 Jahren.

Das Problem dabei ist, dass Ziegen jedes Jahr gebären müssen, damit sie Milch geben, wie der Schweizer Tierschutz (STS) am Donnerstag vor den Medien in Zürich ausführte. Die kleinen Zicklein aber will kaum jemand. Das Fleisch der Ziegen ist weit weniger beliebt als deren Milch.

Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt laut dem STS bei gerade mal 70 Gramm von insgesamt 50 Kilogramm Fleisch, welches jeder Schweizer und jede Schweizerin durchschnittlich pro Jahr konsumiert. Ausser an Ostern besteht kaum Nachfrage.

«Gitzi haben für Milchbetriebe keinen Wert»

Die kleinen Gitzi haben laut dem Tierschutz für die Milchbetriebe keinen Wert. Zudem trinken sie den Milchproduzenten die wertvolle Ziegenmilch weg. «Viele Milchbetriebe wollen die Zicklein so schnell wie möglich loswerden», erklärte der Leiter des Kontrolldienstes des STS, Cesare Sciarra.

Oft würden die jungen Ziegen schon im Alter von lediglich zwei bis drei Tagen an Händler verkauft. Die Händler verkaufen die Tiere dann weiter an Mastbetriebe.

«Das Schlimme für uns ist, dass diese Tiere nach dem Verkauf an die Händler verschwinden und wir sie nicht mehr rückverfolgen können», sagte Sciarra. Nur ein Teil der ganz jungen Tiere lande auf den bekannten Schlachthöfen. «Wir wollen wissen, was mit den anderen Tieren passiert», betonte Sciarra.

Ein weiteres Problem ist laut dem STS, dass die Zicklein so früh von den Müttern getrennt werden. Ihr Immunsystem ist dann noch nicht voll entwickelt und sie erkranken häufiger an Lungenentzündungen, Gitzilähme oder einer Nierenkrankheit.

Zudem würden die Gitzi in den Mastbetrieben teilweise unter schlechten Bedingungen gehalten und so regelrecht «entsorgt», weiss der Tierschutz. Mortalitätsraten während der Mast von bis zu 13 Prozent seien keine Seltenheit.

Licht am Horizont

Immerhin, eine erste Verbesserung der Situation ist laut dem Schweizer Tierschutz in Sicht. Ab 2020 müssen Ziegen, so wie heute schon Rinder, in der Tierverkehrsdatenbank erfasst werden.

Der STS begrüsst das sehr. Dank der Datenbank wird es einfacher, die verschlungenen Transport- und Lebenswege der Zicklein nachzuvollziehen, bis sie im Alter von sechs bis acht Wochen geschlachtet werden.

Doch damit ist es laut dem Tierschutz-Verband nicht getan. Der STS fordert, dass ein Mindeststandard bei Fütterung, Haltung und Schlachtung eingeführt wird. Zu fördern sei die Aufzucht mit Mutterziegen oder zumindest die Mast auf dem Geburtsbetrieb. Es gelte, die Gesundheit der Gitzi zu gewährleisten.

Falls die Tiere dennoch an Mastbetriebe verkauft werden, fordert der STS eine Direktzuweisung. Zudem soll geregelt werden, in welchem Alter die Zicklein frühestens verkauft werden dürfen. Auch müsse die artgerecht Haltung sichergestellt werden.

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