Spionageaffäre enthülltJournalistenpreis für Crypto-Affäre verliehen
SDA
29.4.2020 - 07:55
Der freie Journalist Mehdi Atmani ist Swiss Press Journalist of the Year. Die Fondation Reinhardt von Graffenried hat ihn für seine Recherchen über die Spionageaktivitäten in der Schweiz mit diesem Titel ausgezeichnet.
Die «Cryptoleaks» waren der erste Scoop des Medienjahres 2020. Am 22. Februar enthüllte die «Rundschau» von SRF, wie amerikanische Geheimdienste und der deutsche Bundesnachrichtendienst mit manipulierten Chiffriergeräten der Schweizer Firma Crypto AG jahrzehntelang über hundert Staaten ausspioniert hatten.
Der Skandal, an dessen Aufdeckung die «Washington Post» und das ZDF mitgearbeitet hatten, ging um die Welt. «Nur: ‹Cryptoleaks› war zu diesem Zeitpunkt eigentlich gar keine Breaking News mehr», schreibt die Fondation Reinhardt von Graffenried am Mittwoch. Die verlagsunabhängige Stiftung wurde mit dem Ziel gegründet, den schweizerischen Journalismus zu fördern.
Denn am 18. November 2019 sei auf der Webseite des Westschweizer Fernsehens RTS eine fünfteilige Videoserie online gegangen. «La Suisse sous couverture» habe eine Schweiz als «Mittelpunkt der Spionage» dokumentiert, die nie gezögert habe, «ihre Neutralität den politischen, ökonomischen und militärischen Interessen zu opfern». Die Webserie habe aber keine Resonanz ausgelöst.
Der 36-jährige freie Journalist Mehdi Atmani habe zehn Jahre lang über die Schweiz in geheimer Mission recherchiert und zwar in den USA, Grossbritannien, Deutschland, Frankreich und Belgien. Die Crypto-Affäre habe er dann in einem 14-minütigen Film zusammengefasst. Nun wird er dafür mit dem Titel «Swiss Press Journalist of the Year» gewürdigt. Er ist der erste Träger dieses neuen Titels und bekommt 25'000 Franken Preisgeld.
Keine Ressentiments
Auf dem Onlineportal von SRF sei elf Tage nach dem «Rundschau»-Scoop eine deutschsprachige Fassung publiziert worden, den Autorennamen von Atmani suche man jedoch vergebens. Ressentiments gegen die Zürcher Kollegen scheine der Lausanner Journalist keine zu hegen: Der «Rundschau»-Bericht habe die erwünschte öffentliche Debatte angeheizt.
Schade finde Atmani hingegen, dass sich die SRG-Sender beidseits des Röstigrabens im gegenseitigen Wissen um die parallel laufenden Recherchen nicht koordiniert hätten. Er und sein kleines Team hätten aber an Legitimität gewonnen, was für weitere Recherchen extrem viel bringe. «Cryptoleaks» sei wohl nur die Spitze des Eisbergs.
Seine akribische Arbeit, seine Bescheidenheit und sein Wille weiterzumachen zeichneten Mehdi Atmani als «Swiss Press Journalist of the Year», schreibt die Stiftung weiter. Um die Recherche in eine fünfteilige Video-Serie zu «verpacken» habe er sich mit Alexandre Bugnon zusammengetan. Die beiden sind deshalb auch Sieger in der Kategorie Swiss Press Video.
Weitere Auszeichnungen
Folgende Kategoriengewinner wurden zudem auserkoren: Arnaud Robert (Swiss Press Text) für einen Bericht über die weltweite Toilettenhygiene, Christian Zeier und Team (Swiss Press Online), die einen Finanzskandal in Mosambik thematisiert haben, Franziska Engelhardt und Stefanie Müller-Frank (Swiss Press Audio) mit einem Beitrag über das Messi-Syndrom sowie François Ruchti (Swiss Press Local) mit einem Bericht über die Grosswildjagd im Wallis.
Bereits Anfang April war bekannt geworden, dass Yves Leresche (Swiss Press Photo) für eine Bildserie über den Frauenstreik in der Zeitschrift «L'Illustré» ausgezeichnet wird. Er wurde nun zudem als Swiss Press Photographer of the Year ausgezeichnet und erhält dafür 25'000 Franken.
Die Gewinner der Kategorien Text, Online, Audio und Local erhalten je 15'000 Franken. Jedem und jeder der Gewinnenden wurde zudem ein Diamant für seine herausragende Arbeit zugestellt. Die gesamte Preissumme beläuft sich auf 128'000 Franken.
World Press Photo 2020: Das sind die besten Pressefotos des Jahres
Diese Aufnahme von Yasuyoshi Chiba wurde als bestes Pressefoto des Jahres mit dem World Press Photo Award ausgezeichnet: Das am 19. Juni 2019 in Sudans Hauptstadt Khartum aufgenommene Bild zeigt, wie ein junger Mann umgeben von anderen Demonstranten ein Gedicht rezitiert.
Bild: Yasuyoshi Chiba/AFP/World Press Photo 2020
Mit dem besten Langzeitprojekt «Kho, die Entstehung einer Revolte» zeigt der französische Fotograf Romain Laurendeau das tiefe Unbehagen der Jugend in Algerien.
Bild: Romain Laurendeau/World Press Photo 2020
Ein Geschäftsmann schliesst am Ende einer Waffen-Messe in Abu Dhabi zwei Granatwerfer weg: Das Foto von Nikita Teryoshin gewann den Hauptpreis in der Kategorie «Zeitgenössische Themen – Einzelbild».
Bild: Nikita Teryoshin/World Press Photo 2020
Für die beste Fotoreportage in der Kategorie «Zeitgenössische Themen» wurde Lorenzo Tugnoli ausgezeichnet: Der Italiener begleitete in «The Longest War» den erneuten Vormarsch der Taliban in Afghanistan.
Bild: Lorenzo Tugnoli/Contrasto/The Washington Post/World Press Photo 2020
Der Däne Nicolas Asfouri gewann den Hauptpreis in der Kategorie «Nachrichten-Reportage».
Bild: Nicolas Asfouri/AFP/World Press Photo 2020
Asfouri fotografierte die Anti-Regierungs-Proteste in Hongkong.
Bild: Nicolas Asfouri/AFP/World Press Photo 2020
Das beste Foto der Kategorie «Umwelt» stammt von Esther Horvarth, die zwei Eisbären dabei beobachtete, wie sie in der Arktis mit wissenschaftlicher Ausrüstung des Forschungsschiffes Polarstern spielten.
Bild: Esther Horvath/The New York Times/World Press Photo 2020
In der Kategorie «Umweltreportage» gewann Luca Locatelli den ersten Preis. Für seine Serie «The End of Trash – Circular Economy Solutions» fotografierte er nachhaltige Umweltprojekte, wie das Müllkraftwerk Amager Bakke in Kopenhagen.
Alain Schroeder gewann den ersten Preis in der Kategorie «Natur»: Sein Siegerfoto zeigt den Kadaver eines einmonatigen Orang-Utans, der auf dem Operationstuch eines Rettungsteams in der Nähe der Stadt Subulussalam, Sumatra, Indonesien liegt. Das Menschenaffenbaby starb kurz nachdem es mit ihrer verletzten Mutter auf einer Palmölplantage gefunden wurde.
Bild: Alain Schroeder/World Press Photo 2020
Das beste Sportpressebild stammt von Mark Blich, der Kawhi Leonards (Toronto Raptors) Buzzer Beater im siebten Spiel der NBA-Halbfinalserie gegen die Philadelphia 76ers festhielt.
Bild: Mark Blinch/NBAE/World Press Photo 2020
Studenten und Polizisten geraten am 21. Mai 2019 bei Protesten gegen die Regierung in Algeriens Hauptstadt Algiers aneinander: Farouk Batiche gewann den ersten Preis in der Kategorie «Spot News Singles».
Bild: Farouk Batiche/DPA/World Press Photo 2020
Der polnische Fotograf Tomek Kaczor gewann den Hauptreis in der Kategorie «Porträt» für sein Bild eines 15-jähriges Mädchen aus Armenien in einem Flüchtlingslager im polnischen Podkowa Leśna. Das Mädchen leidet am Resignation-Syndrom, das durch traumatische Ereignisse verursacht wird und einen katatonischen Zustand auslösen kann.
Bild: Tomek Kaczor for Duzy Format, Gazeta Wyborcza/World Press Photo 2020
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