Ein Ende des Arbeitskonflikts bei Tamedia in der Romandie ist vorerst nicht in Sicht. Die Angestellten setzen ihren Streik gegen die Einstellung von "Le Matin" fort. Gleichzeitig wollen die Parteien an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Das hat die Generalversammlung der Redaktorinnen und Redaktoren am Mittwoch in Lausanne beschlossen. Man nehme zu Kenntnis, dass die Tamedia-Spitze die Verhandlungen vor der Schlichtungsstelle des Kantons Waadt wieder aufnehmen wolle. Eine Delegation aus Mitgliedern der Personalkommission und von Gewerkschaftsvertretern ist mit den Verhandlungen vom Donnerstag beauftragt worden.
Anschliessend soll wieder eine Generalversammlung über das weitere Vorgehen entscheiden. Die Tamedia-Mitarbeitenden hatten am Dienstag die Arbeit niedergelegt, um gegen die Einstellung der gedruckten Ausgabe der Zeitung "Le Matin" zu protestieren. Der grösste Schweizer Medienkonzern hatte vor einer Woche drei alternative Vorschläge der Redaktion zur Rettung der meistgelesenen Zeitung in der Romandie abgelehnt.
Die Redaktionen und Gewerkschaften fordern Tamedia auf, nach Lösungen zu suchen, welche die Pressevielfalt in der Romandie sichern, notfalls auch mit dem Verkauf eines Titels. Tamedia solle zudem die Rücknahme der Kündigungen anbieten.
Protestzug in Lausanne
Der Unmut der Westschweizer Journalisten über die Entscheide des Zürcher Medienhauses ist gross. Rund 300 Tamedia-Mitarbeitende, Gewerkschaftsvertreter und Sympathisanten demonstrierten am Mittwoch in Lausanne.
Hauptforderung: ein echter Dialog über die Zukunft von "Le Matin". Doch es geht um mehr: um sichere Arbeitsplätze, die Wertschätzung der journalistischen Arbeit und die Medienvielfalt in der Romandie. Es gelte ein Signal zu setzen gegen weitere Abbaupläne, sagte ein Kundgebungsteilnehmer.
Mit Trillerpfeifen machten die Journalisten ihrem Ärger Luft. Mit Sprechchören wie "Tamedia tue vos medias" (Tamedia tötet eure Medien) oder "Sauvez la presse!" (Rettet die Presse) und Trillerpfeifen zogen die Demonstranten vom Bahnhof zum Edipresse-Turm. Tamedia hatte die Edipresse-Titel "24 heures", "Tribune de Genève", "Le Matin" und "Le Matin Dimanche" vor acht Jahren gekauft.
"Pressevielfalt auf dem Gewissen"
Mehrere Redner warfen dem Zürcher Medienkonzern vor, für den Niedergang der Medienvielfalt in der französischen Schweiz verantwortlich zu sein. Auch die Romandie habe ein Anrecht auf eine vielfältige Presse. Es gebe andere Lösungen als Zeitungen einzustellen, lautete der Tenor.
"Wenn es einen Verleger gibt, der es sich leisten kann, Alternativen zu testen, dann ist es Tamedia, der jährlich Gewinne von mehreren Millionen Franken schreibt", sagte die Journalistin Flavienne Wahli Di Matteo.
Patricia Alcaraz von der Gewerkschaft Syndicom lobte den Mut der Streikenden und rief dazu auf, sich gegen die reine Zahlenlogik und die Geringschätzung und Zerstörung von Arbeitsplätzen zu wehren. "Die Entscheide von Tamedia sind empörend", sagte sie.
Unter den wenigen anwesenden Politikern sprach sich SP-Ständerätin Géraldine Savary für den Dialog aus. "Den Dialog abzubrechen, wie es Tamedia getan hat, ist inakzeptabel", sagte sie.
Solidarität aus der Deutschschweiz
Die Deutschschweizer Redaktorinnen und Redaktoren erklärten in einem Schreiben ihre Solidarität mit den streikenden Kollegen in der Romandie. Auch sie seien höchst besorgt über die dramatisch erodierende Medienvielfalt in der Schweiz.
Tamedia will die gedruckte Ausgabe von "Le Matin" "wegen anhaltender Verluste" auf Ende Juli einstellen. 41 Mitarbeitenden droht der Verlust des Arbeitsplatzes.
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