Kritik an Arbeitsbedingungen Swissport-Personal buht am Flughafen Zürich seine Chefs aus

SDA, gbi

23.7.2022 - 11:01

Rund 150 Angestellte von Swissport forderten am Flughafen Zürich einen besseren Gesamtarbeitsvertrag (GAV).  
Rund 150 Angestellte von Swissport forderten am Flughafen Zürich einen besseren Gesamtarbeitsvertrag (GAV).  
Bild: Keystone

Arbeitskampf mitten in der Reisezeit: Mit lautem Pfeifkonzert und Buh-Rufen haben sich Swissport-Angestellte am Flughafen Zürich für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert. 

Keystone-SDA, SDA, gbi

Reisende erhielten am Terminal 1 des Flughafens Zürich am Samstagmorgen einen Flyer in die Hand gedrückt. «Die Ansammlung von Mitarbeitenden, die Sie heute wahrnehmen, ist nicht der Grund für allfällige lange Wartezeiten», hielten die Swissport-Angestellten darauf fest.

Es stünden schlicht zu wenig Leute für die Bewältigung des Ferienansturms im Einsatz. Die Mitarbeitenden des Bodenabfertigungs-Unternehmens seien überlastet, die Situation sei eine Zumutung.

Vor dem Terminal-Gebäude versammelten sich rund 150 Angestellte mit Trillerpfeifen, Gewerkschaftsfahnen und Kartontafeln, auf denen sie ihre Forderung bekräftigen: Bessere Arbeitsbedingungen, ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) auf dem Niveau des früheren GAV. «Kein Krisen-GAV mit Verschlechterungen bei Lohn und Arbeitszeit.»

Rund 50 der Demonstrantinnen und Demonstranten zogen während der Protestaktion schliesslich zum Büro der Swissport-Verantwortlichen, wo sie ihren Forderungskatalog deponierten. Die Vorgesetzten nahmen den Katalog entgegen und kündigten an, diesen «sorgfältig zu prüfen».

Allerdings teilte das Swissport-Management gleichentags auch mit, dass die Gesamtforderungen der Gewerkschaften «nicht finanzierbar» seien und den aktuellen Gegebenheiten in der Luftfahrt nicht genügend Rechnung tragen werde. Swissport schreibe seit der Pandemie bis zum heutigen Tag Minuszahlen in mehrstelliger Millionenhöhe.

Das Unternehmen mit Sitz in Opfikon will erst im August und September wieder mit den Gewerkschaften über einen neuen GAV verhandeln. Ziel beider Seiten ist es, auf den 1. Januar 2023 einen neuen GAV abzuschliessen.

Auf den Betrieb am Flughafen Zürich hatte die Aktion, soweit erkennbar war, keine Auswirkungen. 

Swissport-Chef macht Politik für Koffer-Chaos verantwortlich

Der Chef von Swissport macht derweil die Regierungen in Europa für das Koffer-Chaos an Flughäfen verantwortlich, das zuletzt für Frust bei Reisenden gesorgt hat. Die Politik habe die Industrie in der Corona-Pandemie mit Reiserestriktionen fast zugrunde gehen lassen, sagte Warwick Brady in einem Interview.

«Schuld sind in erster Linie die Regierungen mit ihren erfundenen, politischen Wissenschaften», sagte Brady der «Schweiz am Wochenende» vom Samstag. Die Pandemie sei schrecklich gewesen, aber es habe keine wissenschaftlichen Beweise gegeben, dass die unter den Ländern unkoordinierten Restriktionen die Verbreitung des Coronavirus signifikant gestoppt hätten. Die Ausbreitung von neuen Virus-Mutationen habe sich «bloss um ein paar wenige Wochen» verzögert.

Nun zeigten sich die Folgen von zwei Jahren Pandemie, in der die Luftfahrtindustrie an den Rand des Kollapses gedrängt worden sei, sagte der Südafrikaner weiter. Die Reisenachfrage steige rasant. «Doch nach dem massiven und damals absolut nötigen Stellenabbau fehlt jetzt überall Personal.»

Koffer auf Gepäckwagen des Bodenabfertigers Swissport am Flughafen Zürich. (Archivbild)
Koffer auf Gepäckwagen des Bodenabfertigers Swissport am Flughafen Zürich. (Archivbild)
Keystone/ALEXANDRA WEY

Angesichts des Koffer-Chaos' und teils unterschiedlicher Reiseregeln lagen jüngst die Nerven bei einigen Passagieren blank, manche liessen ihren Frust am Bodenpersonal ab. «Es ist schlimm. Es gibt Fälle von physischer Gewalt», sagt der Swissport-Chef. «Manche Passagiere folgen unseren Angestellten bis in den Pausenraum und belästigen sie dort. Solches Verhalten akzeptieren wir nicht.»

Der Swissport-Manager äusserte sich im Interview zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werde. «Ich bin überzeugt, dass wir am Schluss eine Lösung am Verhandlungstisch finden.» Bis Ende Jahr herrsche eine Friedenspflicht, Streiks seien bis dahin nicht möglich.