"KI-Tsunami": Verlegerverbandspräsident Andrea Masüger.
Kein Mahnfinger: SP-Nationalrat Jon Pult hat "unfreiwillige Bekanntschaft mit einer Mailänder Restauranttüre" gemacht.
Verlegerpräsident spricht von «KI-Tsunami» in Medienbranche - Gallery
"KI-Tsunami": Verlegerverbandspräsident Andrea Masüger.
Kein Mahnfinger: SP-Nationalrat Jon Pult hat "unfreiwillige Bekanntschaft mit einer Mailänder Restauranttüre" gemacht.
Verlegerpräsident Andrea Masüger hat den Vormarsch der Künstlichen Intelligenz an der traditionellen Dreikönigstagung als «KI-Tsunami"bezeichnet. Medienpolitiker Jon Pult nannte einen starken Journalismus eine Frage der nationalen Sicherheit.
Vor einem Jahr sei an der Tagung das Potenzial von ChatGPT beschworen worden, sagte Masüger an der Dreikönigstagung des Verlegerverbands vom Mittwoch in Zürich. «Die meisten von uns mussten noch nachschauen, was das genau ist.» Die diesjährige Tagung sei nun ganz diesem Thema gewidmet: «Zwölf Monate später hat der KI-Tsunami unsere Branche voll erreicht.»
Hoffnungsvoll stimmen könne allerdings der Befund des Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft der Uni Zürich (Fög), sagte Masüger. Demnach ist die Bevölkerung gegenüber unkontrollierter KI im Journalismus sehr skeptisch eingestellt und erkennt das Gefahrenpotenzial. Verbunden sei diese Erkenntnis mit einem grossen Vertrauen in seriösen Journalismus.
Menschen und nicht Maschinen
Tiefes Vertrauen bedeute jedoch nicht, dass KI von der Bevölkerung nicht genutzt werde, relativierte Fög-Direktor Mark Eisenegger im Gespräch. Hinsichtlich des konkreten Einsatzes von KI im Journalismus sei Transparenz absolut zentral, sagte Eisenegger. Dabei sei klar offen zu legen, wie und wo genau KI zum Einsatz gekommen sei. Er plädierte in diesem Zusammenhang auch für entsprechende Branchenstandards.
Der Verband Schweizer Medien (VSM) will laut Masüger aber auch die Chancen der neuen Technologie nutzen. So habe der Verband eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit der aktuellen Entwicklung beschäftige und die Mitglieder in der Anwendung von KI-Tools unterstütze. Auch Fög-Direktor Eisenegger sieht in der Verbreitung von KI gute Chancen für die Medienbranche. Die Medien müssten sich so positionieren, dass klar ist, dass hier Menschen am Werk seien und nicht Maschinen.
Wirtschaftlich dünn
Der VSM feiert 2024 sein 125-jähriges Bestehen. Die Dreikönigstagung findet bereits zum 25. Mal statt. Präsident Andrea Masüger nutzte diese Gelegenheit, um generell einen Blick in die Vergangenheit und in die Zukunft zu werfen. Auch in diesem Jahr wolle der Verband den Stier bei den Hörnern packen, sagte er. Neben dem Einsatz für die neue Medienförderung und das Leistungsschutzrecht konzentriere man sich stark auf die Förderung der Medienkompetenz.
Doch nicht nur die Künstliche Intelligenz stellt eine potenzielle Bedrohung für die Branche dar. «Die wirtschaftliche Basis für den Journalismus ist so dünn wie noch nie», hielt VSM-Geschäftsführer Stefan Wabel fest.
Frage der nationalen Sicherheit
Der Bündner SP-Nationalrat und Medienpolitiker Jon Pult formulierte in seiner Präsentation mehrere Thesen unter dem Titel «Vierte Gewalt in der Krise. Was tun?». Die wichtigste: Die Medienkrise sei eine Krise der Journalismusfinanzierung und nicht unbedingt der Rentabilität der Medienhäuser. «Das ist ein staatspolitisches Problem, nicht einfach ein marktwirtschaftliches.»
Eine weitere These beschäftigt sich mit der wachsenden Desinformation. Der Bundesrat – zuletzt Bundespräsidentin Viola Amherd in der «NZZ» – bezeichne die Desinformation der Bevölkerung als strategische Bedrohung. Ein gesundes und vielfältiges Mediensystem mit starkem Journalismus sei deshalb auch «eine Frage der nationalen Sicherheit».
Während sich der Verband regelmässig dafür ausspricht, die SRG zurückzubinden, brach Jon Pult eine Lanze für einen starken Service public: «Ein Grabenkampf zwischen der SRG und den privaten Medien ergibt aus medienpolitischer Sicht wenig Sinn.» Es gebe keine empirische Evidenz dafür, dass schwächere öffentlich-rechtliche Anstalten stärkere private Medien ermöglichten. Studien aus nordischen Staaten zeigten gar das Gegenteil. Im Interesse des Schweizer Medienplatzes brauche es eine stärkere Kooperation.