Sir Arnold Lunn (rechts) und Skifahrer Walter Amstutz an einem Rennen in Mürren. (Archivbild)
Sir Arnold Lunn, links zusammen mit Feldmarschall Montgomery (Mitte) 1949 an einer Feier des Kandahar-Skiclubs. (Archivbild)
Vor 100 Jahren fand in Mürren das erste Slalomrennen statt - Gallery
Sir Arnold Lunn (rechts) und Skifahrer Walter Amstutz an einem Rennen in Mürren. (Archivbild)
Sir Arnold Lunn, links zusammen mit Feldmarschall Montgomery (Mitte) 1949 an einer Feier des Kandahar-Skiclubs. (Archivbild)
Der Berner Oberländer Wintersportort Mürren ist eine der Wiegen des alpinen Skirennsports. Vor 100 Jahren fand dort unter der Federführung wintersportbegeisterter Briten das erste offizielle Slalomrennen der Skigeschichte statt.
Heute geht es in Mürren in Sachen Skirennsport beschaulicher zu und her. Im Fokus der Öffentlichkeit steht längst die gegenüberliegende Talseite mit Wengen und seinen weltbekannten Lauberhornrennen, die am kommenden Wochenende wieder über die Bühne gehen sollen – wenn die Pandemie und das Wetter es zulassen.
Im Januar 1922 steckte Sir Arnold Lunn am Allmendhubel bei Mürren den ersten Slalom aus, wie die Tourismusverantwortliche von Mürren, Rachel Arkin, weiss. Damit ebnete der Brite den Weg für den alpinen Skirennsport.
Lunn entwickelte die modernen Regeln der Abfahrt und des Slalom, die 1921/22 bei den britischen Landesmeisterschaften in Mürren erstmals zur Anwendung kamen. 1928 wurden sie von der Fédération Internationale de Ski (FIS) übernommen. 1931 wird die erste FIS-Meisterschaft in Abfahrt, Slalom und Kombination ausgetragen.
Abenteuergeist und Schaumwein
Lunn und seine Mitstreiter gründeten 1924 in Mürren den Kandahar Skiclub, um den Skirennsport zu pflegen und zu fördern. Der Name Kandahar geht auf den ersten «Roberts of Kandahar-Cup» zurück bei dem 1911 in Crans-Montana die Wintersportarten Skifahren, Schlitteln und Eislaufen ausgetragen wurden. Lord Roberts erhielt den Beinamen «Kandahar» nach einer siegreichen Schlacht der Briten in Afghanistan 1880.
Den exklusiven Kandahar-Club gibt es noch heute mit eigenen Lokalitäten in Mürren und Gastrecht im exklusiven Londoner Oriental Club. Viele britische Skifahrer von Rang und Namen waren oder sind Mitglied des Vereins. Auch Schweizer Skirennfahrer gehören dazu, so etwa Slalomspezialist Daniel Yule.
Wenn Yule sich Mitte Januar durch den Stangenwald des Lauberhorn-Slaloms kämpft, wird er kaum Zeit haben, einen Blick hinüber zu werfen auf die andere Talseite, wo vor hundert Jahren der Grundstein seiner Sportdisziplin gelegt wurde.
In Mürren feiert man das 100-Jahr-Jubiläum mit einem Galadinner und einer Zeremonie am Allmendhubel. Dort soll am 17. Januar ein Gedenkstein enthüllt werden, wie Mürren Tourismus in einer Mitteilung vom Freitag schreibt.
Der gebürtige Mürrener Max D. Amstutz hat die Pionierzeiten des Skisports in Mürren in einem Buch aufgearbeitet. Darin schreibt er: «Die Engländer damals waren richtige Abenteurer, sie stürzten sich in die gefährlichsten Gebiete und bewiesen enormen Mut.» Das und die feine Lebensart der englischen Upperclass beeindruckten viele Einheimische.
Lunn, so wird erzählt, habe oft Skiausflüge auf seinen Lieblingshügel bei Mürren unternommen. Im Rucksack stets dabei: eine Flasche Mauler-Schaumwein. Das noble Kurvenöl wurde dann oben angekommen geschlürft, bevor sich die wagemutigen Skifahrer an die Spitzkehren wagten. Im Dorf erhielt der Hügel rasch den Übernamen «Maulerhubel». Noch heute heisst er so und gehört zum Skigebiet von Mürren.
Exklusiver Wettstreit
Auf der gegenüberliegenden Talseite in Wengen wurde 1925 ebenfalls von Briten ein nicht minder exklusiver Skiverein gegründet, der «Donwhill only Club». Seine Mitglieder lieferten sich mit jenen des Kandahar Clubs Rennen. Auch «Donwhill only» besteht heute noch.
Wengen und Mürren gehören nach wie vor zu den beliebten Reisezielen britischer Wintersportler. In der Saison hört man in den Orten manchmal mehr britisches Englisch als Schweizerdeutsch.
www.kandahar.org.uk