Unerwarteter Rückgang Wieso bleiben die Preise hoch, wo doch jetzt die Inflation sinkt?

Von Andreas Fischer

3.4.2023

Die Preise stiegen im März weniger stark an als zuletzt: Die Inflation scheint sich abzuschwächen.
Die Preise stiegen im März weniger stark an als zuletzt: Die Inflation scheint sich abzuschwächen.
KEYSTONE/MICHAEL BUHOLZER

Die Teuerung ist im März deutlich gesunken: Nach dem starken Anstieg im Januar und Februar sinkt die Inflation wieder auf das Niveau von Ende Jahr. Dass die Preise dennoch hoch bleiben, hat verschiedene Gründe.

Von Andreas Fischer

3.4.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Jahres-Inflation ist in der Schweiz im März spürbar gesunken: Fachleute haben den deutlichen Rückgang nicht erwartet.
  • Die Preise bleiben trotz sinkender Inflationsrate auf einem hohen Niveau.
  • Die Schweizerische Nationalbank dürfte nun weniger kräftig an der Zinsschraube drehen.

Die Jahres-Inflation ist im März auf 2,9 Prozent von 3,4 Prozent im Februar zurückgegangen. Dies gab das Bundesamt für Statistik (BFS) am Montag bekannt. Allerdings: Der Landesindex der Konsumentenpreise (CPI) legt im Vergleich zum Vormonat leicht zu, und zwar um 0,2 Prozent auf 106,0 Punkte.

Teurer geworden sind laut BFS unter anderem Flug- und Pauschalreisen sowie neue Autos. Auch die Preise für Fruchtgemüse haben angezogen, oder etwa diejenigen für Bekleidung sowie Schuhe nach dem Ende des Winterausverkaufs. Günstiger als im Februar waren dagegen die Preise in der Parahotellerie oder jene für Heizöl und Beeren.

Unerwartet deutlicher Rückgang

Dass die Jahres-Inflation trotz des Preisanstiegs zum Vormonat gesunken ist, hat vor allem statistische Gründe. KOF-Experte Jan-Egbert Sturm erklärte kürzlich in einem Interview mit blue News: «Inflation ist ein sehr langwieriges Phänomen: Wir vergleichen für die Berechnung der Inflationsrate die aktuellen Preise mit denen des Vorjahres. Aus diesem Grund werden wir wahrscheinlich in den nächsten Monaten einen Rückgang der Inflationsraten sehen.»

Im März vergangenen Jahres waren vor allem die Preise für Treibstoffe oder Heizöl nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine stark angestiegen. Nun ist dieser Effekt nach genau einem Jahr wieder aus der Statistik gefallen.

Der Rückgang der Inflation ist also keine Überraschung, aber stärker als von den Fachleuten prognostiziert. Nach dem unerwartet deutlichen Anstieg Anfang Jahr waren die Ökonomen alarmiert, nun schätzen sie die Gesamtsituation wieder etwas nüchterner ein. Anzeichen für eine Preisspirale seien nicht auszumachen.

Die Daten signalisierten vielmehr, sagt etwa Karsten Junior von der Privatbank Safra Sarasin der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass die Zweitrunden-Effekte nach dem starken Preisanstieg bislang moderat geblieben seien.

Höhere Kosten werden an die Konsumenten weitergegeben

Dennoch würden höhere Kosten dauerhaft an die Konsumenten weitergegeben werden, erläuterte Jan-Egbert Sturm im Interview mit blue News. Vor allem die Erhöhungen der Energiepreise habe Zweit- und Drittrundeneffekte. «Für verschiedene Unternehmen ist Energie dauerhaft teurer geworden und wird nicht auf das alte Niveau zurückkehren.»

In der Folge verbreite sich die Inflationsrate «stärker in der Basis, in einer grösseren Anzahl von Produkten und Dienstleistungen, als es anfangs der Fall war. Durch diesen Prozess müssen wir jetzt durch, und es wird noch eine Weile dauern, bis dieser Effekt verschwindet.» Auch wenn die Inflationsrate abnehme, bleibe das Preisniveau hoch.

Wichtiger als der Rückgang der Jahres-Inflation ist, dass die Kerninflation ebenfalls gesunken ist. Sie betrug im März 2,2 Prozent gegenüber 2,4 Prozent im Februar. Bei der Kerninflation werden Güter ausgenommen, deren Preise besonders für Schwankungen anfällig sind: etwa Nahrungsmittel, Energie und Treibstoffe. Weil bei der Kerninflation extreme Preisveränderungen bei einzelnen Produkten weniger stark ins Gewicht fallen, gilt der Indikator als robuster.

SNB dürfte aufatmen

Die Schweizerische Nationalbank dürfte die Inflationsentwicklung mit grosser Aufmerksamkeit verfolgen und etwas ruhiger in die Zukunft schauen. Nachdem die SNB die Inflation mit vier Zinsschritten in letzten neun Monaten bekämpft hatte und den Leitzins dabei von –0,75 auf zuletzt 1,5 Prozent erhöht hatte, erwarten Fachleute nur noch einen kleineren Zinsschritt im Jahr 2023.

So geht die UBS von einem Anstieg um 25 Basispunkten im Juni aus, danach dürfte die SNB für den Rest des Jahres auf weitere Zinserhöhungen verzichten. Zinssenkungen hingegen dürften wohl erst 2024 ein Thema werden, so die UBS.

Derweil stärkt die SNB den Franken auch mit beschleunigten Devisenverkäufen. Ein aufwertender Franken hilft, weniger Inflation aus dem Ausland zu importieren.

Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.