Mittelalter-AusgrabungBesser als London: War Tintagel die Burg des legendären König Artus?
Philipp Dahm
29.8.2018
Dass eine Ausgrabung einer uralten Burg in England Fachleute elektrisiert, ist nachvollziehbar. Doch Tintagel euphorisiert selbst Laien – wegen König Artus, Lancelot, Merlin und Co.
Europa im Jahr 600 nach Christus: Auf dem Kontinent zeichnet sich der Niedergang des römischen Imperiums ab. Seit 395 ist das Reich geteilt und als wäre das nicht Handicap genug, arbeiten feindliche Völker an allen Ecken und Enden weiter an dem Zerfall der einstigen Weltmacht.
Im Osten macht das persische Sassanidenreich Rom das Leben schwer. Ab 632 verstärkt die arabische Expansion den Druck von der Arabischen Halbinsel aus, seit der Prophet Mohammed die Geburt der Weltreligion Islam einleitete. Im Norden ist zwar die Schreckenszeit vorbei, in der hunnische Reiter Roms Reich bedrohen, doch dafür stören nun Germanen die Ordnung.
Und im Westen läuten die Angelsachsen das Ende der Besatzung der britischen Insel ein, nachdem sie nach der Schlacht von Deorham 577 die Legionen bis nach Wales und Cornwall zurückdrängen. Im Herzogtum Cornwall auf dem Südwestzipfel Englands liegt damals eine Siedlung, die bereits über 100 Gebäude umfasst und somit quasi eine Metropole des beginnenden Mittelalters ist: Sie heisst Tintagel.
Bis heute Teil der Populärkultur: Der Trailer von «King Arthur: Legend of the Sword«», der im Mai 2017 in die Kinos kam:
«Nicht einmal London war so gross»
Tintagel bezeichnet eine Halbinsel, ein Dorf und eine Burg und ist für Grossbritanniens Historiker eine Goldgrube. Nicht etwa, weil sie hier antikes Edelmetall finden, sondern weil hier mehr Gefässe des frühen Mittelalters gefunden wurden als bei allen anderen archäologischen Ausgrabungen auf der Insel zusammen. «Wir haben bereits mehr als 2000 einzelne Artefakte entdeckt», freut sich Win Scutt in der «Süddeutschen Zeitung».
Der Archäologe von English Heritage bescheinigt Tintagel eine «bedeutende Rolle» nicht nur für die Insel, sondern auch für den internationalen Handel. Das gesamte Areal von Tintagel erstreckt sich über gut zwölf Hektar: «Insgesamt war es eine sehr dicht gebaute Siedlung. Nirgends in Grossbritannien wurde aus dieser Zeit eine Siedlung dieser Grösse gefunden», betont Scutt. «Nicht einmal London war so gross.»
Merlin-Höhle verzaubert Forscher nicht
Aus diesem Grund glauben Fachleute, die Halbinsel sei einmal der Sitz eines keltischen Königs gewesen. Und Laien hoffen, dass es nicht irgendein Herrscher war, sondern der berühmteste in der Geschichte Grossbritanniens: Die Rede ist von König Artus. Der sagenumwobene Herrscher ist für die Briten das, was Wilhelm Tell für die Schweiz ist: eine nationale Legende, bei der nicht sicher ist, ob es sie überhaupt gegeben hat.
Obwohl es keine Beweise für die Existenz des Königs, seiner Tafelrunde, des Schwertes Exkalibur oder des Ritters Lancelot gibt, wurde auch in Tintagel eine Stahl-Skulptur des bärtigen Regenten aufgestellt. Und als 2016 eine Grotte in Merlin-Höhle umbenannt wurde, protestierten Forscher gegen die unwissenschaftliche Taufe – letztendlich wog das Wohl der Tourismusbranche jedoch mehr als die gesicherte Wahrheit.
Neue Grabung dauert vier Jahre
Dass es König Artus tatsächlich gegeben hat, kann allerdings auch nicht ausgeschlossen werden. Heissester Anwärter auf diesen imageträchtigen Thron ist für Historiker ein römisch-britischer Anführer, der zwölf Schlachten gegen die Angelsachsen gewonnen haben soll. Was zudem für Ambrosius Aurelianus spricht: Er wird in der «Historia Regum Britanniae» des Geschichtsschreibers Geoffrey von Monmouth erwähnt – und dieses Werk aus dem Jahr 1138 legt auch den Grundstein der Artus-Sage.
Ausgrabungen in Tintagel: Fünf Wochen in sieben Minuten
Wenn der Regent in der Burg von Tintagel gehaust hat, will die Cornwall Archaeological Unit die Beweise dafür finden: Seit 2016 graben die Forscher in einem über vier Jahre angelegten Projekt in der Erde von Cornwall und haben dabei bereits 280 Kubikmeter Erde bewegt. Glas aus Ägypten, wertvolle Keramiken, fremde Münzen oder etwa orientalisches Geschirr verraten etwas darüber, wie stark Tintagel ins internationalen Handelssystem jener Zeit eingebunden war.
Besteck aus dem Orient, Party mit Austern
Bereits jetzt steht fest: So finster wie immer behauptet war das Mittelalter nicht. Zumindest nicht auf der Halbinsel Tintagel. «Man sollte denken, dass der Untergang des Römischen Reiches Britannien in Finsternis gestürzt hat», sagt Archäologe Win Scutt. «Aber hier wurden beachtliche Steinhäuser errichtet und ihre Bewohner benutzten feines Tischgeschirr aus der Türkei, tranken aus dekorativen Gläsern aus Spanien und feierten Feste mit Schwein, Fisch und Austern.»
Für Scutt ermöglichen die Grabungen «einen faszinierenden Einblick in das Leben auf Burg Tintagel vor mehr als 1500 Jahren»: Sogar ein wenig Luxus haben sich die Briten gegönnt. So importierten sie beispielsweise Öl und Wein in Amphoren aus dem Mittelmeerraum. Doch solche Details sind für den gemeinen Briten gar nicht das Thema. Für die wäre nur ein Fund wirklich faszinierend: Wenn die Grabungen endlich einen Beweis erbringen, dass König Artus wirklich existiert hat.
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