Über 3000 Aussteller Autonome Züge und sparsame Loks: Bahnmesse Innotrans eröffnet

dpa/jfk

19.9.2018

Die Eisenbahn ist fast 200 Jahre alt. Dank grosser Transportkapazität ist sie noch heute ein wichtiger Verkehrsträger. Die Digitalisierung macht der Branche neuen Dampf. Das zeigt die Technikmesse Innotrans in Berlin.

Mit den Trendthemen autonome Züge und Digitalisierung ist die Bahntechnik-Messe Innotrans in Berlin gestartet. Zur Eröffnung am Dienstag kündigte Messechef Christian Göke 146 Weltpremieren an. EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc forderte die Branche auf, mit Unternehmen jenseits des Eisenbahnsystems verstärkt zusammenzuarbeiten, um die Reiseketten zu verbessern.

Der deutsche Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte, die Bahn werde gebraucht, um den wachsenden Personen- und Güterverkehr zu bewältigen. «Wir können in die Zukunft der Schiene investieren, weil die Finanzausstattung gegeben ist», fügte er hinzu. Von den bis zum Jahr 2030 geplanten Ausgaben für Verkehrswege von 270 Milliarden Euro kämen 42 Prozent der Schiene zugute.

Auf der Innotrans zeigen mehr als 3000 Aussteller aus 61 Ländern neue Fahrzeuge sowie zahlreiche digitale Lösungen für die Wartung von Zügen, Hinderniserkennung auf dem Gleis, Fahrgastinformation und Ticketverkauf. Es geht auch um sparsamere und leisere Bahnen. Knapp zwei Drittel der Aussteller kommen aus dem Ausland, vor allem aus Frankreich, Italien und China.

Französischer Bahnbetreiber setzt auf autonome Züge

Die SBB präsentiert auf der Messe das intelligente Kontroll-System RCS, das durch einen optimierten Einsatz der bestehenden Infrastruktur die Pünktlichkeit der Züge steigern soll. Der französische Hersteller Alstom zeigt bei der Messe seinen Doppelstock-Hochgeschwindigkeitszug Avelia Horizon. Das norddeutsche Unternehmen Vossloh präsentiert eine Diesellok, die ihre Leistung während der Fahrt verringern kann und dann nur halb so viele Abgase ausstösst.

Der staatliche französische Bahnbetreiber SNCF hatte erst vor einer Woche angekündigt, er wolle mit grossen Partnern aus der Industrie autonome Züge auf die Schiene bringen. Bis 2023 sollen Prototypen für Regional- und Frachtzüge entwickelt werden, die ohne Lokführer fahren können. Die selbstfahrenden Züge sollen dann von 2025 an im normalen Verkehr eingesetzt werden. Selbstfahrende Züge sollen die Kapazität des Bahnverkehrs erhöhen, da dank geringerem Abstand bis zu 30 Prozent mehr Züge auf der gleichen Strecke fahren könnten.

Auch die Deutsche Bahn will mit ihrem Projekt «Digitale Schiene» in den nächsten 10 bis 15 Jahren 20 Prozent mehr Züge fahren lassen. Sie setzt dabei vor allem auf die europäische Zugleittechnik ETCS, die in Europa schrittweise zum Standard wird. Auf der Innotrans zeigt die Deutsche Bahn auch ihren «Ideenzug» mit Elementen wie Fitness- und Schlafkabinen, einem Kinderabteil samt Kletterwand oder Info-Bildschirmen an Türen und Fenstern.

Chinas Bahnindustrie drängt auf den europäischen Markt

«Das Thema Digitalisierung hat ganz neuen Schwung reingebracht», sagte der deutsche Bahnchef Richard Lutz zum Messeauftakt in einer Diskussionsrunde. Er sieht in ihr sogar «grosse Chancen», den ländlichen Raum wieder besser an den öffentlichen Verkehr anzuschliessen. Mit Smartphone-Apps könne man kleine Fahrzeuge je nach Nachfrage einsetzen. Man könne auch nicht immer mehr Verkehr in den Städten unterbringen. «Eine gute Balance zwischen Metropolen und ländlichem Raum wäre eine gute Geschichte», fügte Lutz hinzu.

Die jüngste Fahrgastbefragung in Europa zeigt laut EU-Kommissarin Bulc, dass die Kunden mit den Möglichkeiten des Fahrscheinkaufs zufriedener geworden sind. Kritik gebe es an der mangelnden Pünktlichkeit der Bahnen. Zudem sei zu oft die «letzte Meile» zum Bahnhof nicht gut genug angebunden.

International werden derzeit vor allem in China und Indien die Bahnnetze kräftig ausgebaut. Chinas Bahnindustrie drängt seit Jahren auf den europäischen Markt. Die Europäer beklagen dabei staatliche Exportbeihilfen. Vor dem Hintergrund des wachsenden Wettbewerbs vereinbarten der französische Bahnhersteller Alstom und die Siemens-Zugsparte ihre Fusion. Die Genehmigung der EU-Kommission steht allerdings noch aus.

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