Neue Coronavirus-Mutante AY.4.2 ist in der Schweiz angekommen

uri

22.10.2021

Ein Labormitarbeiter bereitet im Functional Genomics Center (FGCZ) der Universität und ETH Zürich Sars-CoV-2-Proben zur Genomsequenzierung vor. (Symbolbild)
Ein Labormitarbeiter bereitet im Functional Genomics Center (FGCZ) der Universität und ETH Zürich Sars-CoV-2-Proben zur Genomsequenzierung vor. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Eine neue Coronavirus-Mutante ist in Grossbritannien auf dem Vormarsch. Auch in der Schweiz ist die Delta-Mutante AY.4.2 bereits nachgewiesen worden. Wie gefährlich ist «Delta Plus»?

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Was macht die Delta-Mutante AY.4.2 besonders? 

Weltweit existieren Tausende Mutationen des ursprünglichen Coronavirus, und längst nicht alle haben das Potenzial, gefährlicher als der Wildtyp oder bestehende Varianten davon zu werden. Bei der relativ neu aufgetretenen Variante AY.4.2 rätselt die Wissenschaft noch. Zudem herrscht Verwirrung, denn unter der Bezeichnung AY.4.2 wurden auch bereits andere Subtypen der Delta-Variante gefasst.

So viel steht fest: Von der ursprünglichen Delta-Variante (B.1.167.2) unterscheidet sich «Delta Plus», wie die Variante auch genannt wird, durch zwei Mutationen im Spike-Protein, mit dem das Virus in Körperzellen eindringt.

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Ist AY.4.2 bereits in der Schweiz angekommen?

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat bestätigt, dass die Variante «Delta Plus» seit Anfang September auch in der Schweiz festgestellt wird. Allerdings seien es wenige Fälle, wie ein Sprecher dem Nachrichtenportal «Nau» sagte. Unter der Kategorie «Relevante Virusvarianten» wird «Delta Plus» auf der BAG-Website auch nicht gesondert erwähnt, sondern wird unter der Delta-Variante B.1.617.2 mit all ihren Untervarianten geführt.

Wo wurde «Delta Plus» noch festgestellt?

Bislang wurden die meisten Infektionen mit AY.4.2. in Grossbritannien registriert, wo das Coronavirus derzeit ohnehin stark grassiert. So zählte man am Montag dieser Woche auf der Insel fast 50'000 neue Corona-Fälle – das sind mehr als Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien zusammen hatten.

Laut der UK Health Security Agency (UKHSA) des Gesundheitsministeriums steigt die Zahl der auf «Delta Plus» zurückzuführenden Fälle derzeit an. Sequenzierungen – die allerdings kein komplettes Bild geben müssen – zeigen, dass die Variante womöglich bereits für rund 6 Prozent aller Fälle verantwortlich sind.

Ausserhalb Grossbritanniens trat die Untervariante vereinzelt in den USA und in Dänemark auf. In dieser Woche berichteten zudem Russland und Deutschland von Fällen. Israels Ministerpräsident Naftali Bennett kündigte nach dem Auftreten der Variante im Land sogleich Massnahmen an, um die «positiven Ergebnisse des Kampfes gegen das Virus zu bewahren».

Wie gefährlich ist die Variante?

Gemäss dem neusten Virusvarianten-Bericht der UKHSA ist AY.4.2 «in England auf dem Vormarsch». Ursächlich dafür könnte sein, dass die Mutation eine höhere Infektiosität aufweist. Tatsächlich gehen einige Expert*innen davon aus, dass AY.4.2 etwa 10 bis 15 Prozent ansteckender sein könnte als die Delta-Variante.

Andrew Rambaut, Professor für molekulare Evolution an der schottischen University of Edinburgh, schreibt etwa auf Twitter, er sei überzeugt, dass « AY.4.2 einen inhärenten Vorteil gegenüber anderen Delta-Sublinien hat». Auch François Balloux, Direktor des Genetics Institute des University College London, sagte der BBC, es sei möglich, dass es sich um «einen geringfügig infektiöseren Stamm» handle. Balloux erklärte jedoch auch: «Es ist nichts im Vergleich mit dem, was wir bei Alpha und Delta gesehen haben, die etwa 50 bis 60 Prozent mehr übertragbar waren.»

Wirken die Impfstoffe gegen AY.4.2?

Britische Expert*innen zeigen sich gegenüber der BBC zuversichtlich, dass es sich bei AY.4.2 nicht um eine sogenannte Escape-Variante handelt, die Impfstoffe umgehen kann. Und auch die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC erkennt bislang keinen Hinweis darauf, dass die Variante resistenter gegen Impfungen oder Medikamenten sein könnte.

Wie geht es jetzt weiter? 

Um Klarheit über das wirkliche Gefahrenpotenzial der Variante zu erlangen, braucht es noch weitere Untersuchungen und Studien. Der Wissenschaftler Andrew Rambaut etwa meint, man müsse abwarten, was passiere und wie sich AY.4.2 in Regionen weiterentwickle, in denen bereits Delta-Typen vorherrschten.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat die Mutante nach eigenen Aussagen bereits genauer im Blick – der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett hat andere Länder bereits dazu aufgefordert, bei der Untersuchung von «Delta Plus» zusammenzuarbeiten.