Schleier gelüftet Forscher entdecken uralte Landschaften unter Antarktis-Eis

phi

12.11.2023

Unter dem kilometerdicken Eis der Antarktis schlummern uralte Landschaften, die noch erhalten sind.
Unter dem kilometerdicken Eis der Antarktis schlummern uralte Landschaften, die noch erhalten sind.
Bild: Stewart Jamieson

Unter dem dicken Eisschild der Antarktis schlummern Landschaften, die vor mehr als 34 Millionen Jahren entstanden sind. Sie sind dort konserviert worden, während sie anderswo längst erodiert wären.

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  • Forschende haben Satelliten-Daten benutzt, um unter das Eisschild der Antarktis zu spähen.
  • Sie haben darunter Landschaften gefunden, die älter als 34 Millionen Jahre sind.
  • Sie wurden durch Vegetation und Flüsse geprägt.
  • Während Gletscher alles zermalmen und Wind und Wetter in der Regel die Topografie erodiert, hat das Antarktis-Eisschild die Landschaften konserviert.

Ein Team um den Glaziologen Stewart Jamieson von der britischen Durham University hat in der Antarktis eine Landschaft entdeckt, die seit Millionen von Jahren unberührt unter dem Eis schlummert. Sie ist von Pflanzen und Flüssen in einer Zeit geprägt worden, als es dort noch eine Vegetation gab.

Die Forschenden haben ein Gebiet des ostantarktischen Eisschilds untersucht. Dieses «existiert seit 34 Millionen Jahren», erklärt Stewart Jamieson dem Magazin «Vice». «Wir hatten schon seit Langem Interesse an der Form der Landschaft unter dem Eisschild der Antarktis im Allgemeinen und im Besonderen, wie diese Landschaft mit dem Eis selbst interagiert.»

Um die Landschaft unter dem zwei Kilometer dicken Eis kartografieren zu können, haben die Wissenschaftler*innen auf Daten des kanadischen Satelliten RADARSAT-Conestellation zurückgegriffen, der winzige Unterschiede an der Eis-Oberfläche erkennt. Ein Berg etwa sorgt für kaum wahrnehmbare Hügel im Eis, die aus dem All jedoch gemessen werden können.

«Es muss eine sehr alte Landschaft sein»

So konnten die Forschenden Rückschlüsse auf die Topografie der Antarktis ziehen – und eine Landschaft ausmachen, die weit älter als das Eisschild darüber ist. «Es muss eine sehr alte Landschaft sein, die von Flüssen geprägt worden ist, bevor das Eisschild selbst gewachsen ist», so Jamieson. «Deshalb wissen wir, dass die Landschaft selbst wahrscheinlich älter als 34 Millionen Jahre ist.»

Die Antarktis besteht aus einem West- und einem Ost-Teil.
Die Antarktis besteht aus einem West- und einem Ost-Teil.

Damals sei das Klima «ein bisschen wärmer» gewesen, Pflanzen seien in der Antarktis gewachsen und es habe kein Eis gegeben. Unter normalen Umständen hätten Wind, Wetter und der Zahn der Zeit diese Landschaft von der Erdoberfläche verschwinden lassen. Und auch Gletscher zermalmen in der Regel das, was ihnen im Weg ist. Aber: «An diesem speziellen Ort scheint die glaziale Erosion ausgeschaltet», sagt Jamieson.

Das liege daran, dass es in der Antarktis keine Wasserschicht unter dem Eis gebe: «[Das Eis] ist einfach gefroren und sitzt da wie eine schützende Kappe. Da wir immer noch Abdrücke von Flüssen sehen, glauben wir, dass es das so ziemlich in der gesamten Geschichte des Eisschilds gemacht hat.»

Historische Landschaftsbildung

Die fragliche Landschaft hat sich vor, während und nach dem Zerbrechen des Superkontinents Gondwana gebildet, glauben die Forschenden. Dabei war es wohl sehr flach und von Flüssen geprägt. Bei der anfänglichen Gletscherbildung hat das Eis in den Flussniederungen um die 800 Meter tiefe Täler geschaffen, bevor die Landschaft endgültig konserviert wurde.

Wie sich die Landschaft der Antarktis geformt hat.
Wie sich die Landschaft der Antarktis geformt hat.

Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift «Nature» festgehalten worden. Zusammen mit seinen Kollegen will Jamieson nun untersuchen, wie sich das Eisschild gebildet hat. Das soll auch helfen, die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Antarktis besser prognostizieren zu können.