Weltweit auf dem VormarschFür Geheimdienste und Terroristen sind Drohnen die Waffe der Wahl
Von Philipp Dahm
30.6.2021
Nicht nur staatliche Militärplaner freuen sich über die Möglichkeiten, die ihnen Drohnen eröffnen – auch Geheimdienste und Terror-Organisationen setzen sie ein, wie die jüngsten Vorkommnisse zeigen.
Von Philipp Dahm
30.06.2021, 07:04
30.06.2021, 08:11
Philipp Dahm
Drohnen haben damit begonnen, die Kriegsführung zu verändern. Der erste grössere zwischenstaatliche Konflikt, der diese Zeitenwende eingeläutet hat, war der jüngste Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan.
Hier hat sich gezeigt, dass sich die günstigen Flugobjekte perfekt dazu eignen, sich grosser, teurer Panzer anzunehmen. In Massen können sie ausserdem generische Radargeräte und Luftabwehr-Stellungen überwältigen: Diese Zukunft der Kriegsführung hat gerade erst begonnen.
Auf dem Gebiet der asymmetrischen Kriegsführung ist der Siegeszug der Drohnen aber schon viel weiter: Im libyschen Bürgerkrieg sind bereits Drohnen im Einsatz gewesen, die sogar autonom töten. Nun hat ein Vorfall im Iran gezeigt, dass sich die ferngesteuerten Flieger auch ideal bei geheimdienstlichen Operationen einsetzen lassen.
Der entsprechende Angriff findet am 23. Juni nahe der Stadt Karadsch statt, wie die iranischen Behörden selbst vermelden: Ziel ist eine Fabrik, die für die Urananreicherung wichtige Zentrifugen produziert. Weiter heisst es, die Attacke sei fehlgeschlagen und habe weder Schäden angerichtet noch Opfer gefordert.
Mossad vs. Iran
Dass Jerusalem mit der Aktion in Zusammenhang gebracht wird, liegt auf der Hand: Weil der Iran Israel das Existenzrecht abspricht, kann Jerusalem dem Mullah-Regime nicht erlauben, weiter an Atomwaffen zu forschen. Und ausserdem gilt Israel als einer der führenden Drohnen-Hersteller der Welt.
In diesem Zusammenhang lässt ein Statement aufhorchen, das Premier Naftali Bennett einen Tag später abgibt: «Unsere Feinde wissen – nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten –, dass wir äusserst entschieden und äusserst klug sind und dass wir nicht zögern, zu handeln, wenn es nötig ist», bekundet er vielsagend am 24. Juni auf dem Stützpunkt Hatzerim.
Der Angriff sei mit einem Quadcopter geflogen worden, der innerhalb des Landes gestartet wurde, weiss die «Jerusalem Post». Das Blatt erinnert auch daran, dass Teheran nach den Angriffen im Juli 2020 und April 2021 auf nukleare Forschungseinrichtungen in Natanz ebenfalls abgewiegelt hatte, diese Angriffe die iranische Uran-Produktion jedoch massiv zurückgeworfen haben.
Separatisten vs. Indien
In Gebieten, in denen es separatistische Bewegungen gibt, bieten Drohnen eine neue Möglichkeit, Anschläge auch auf stark gesicherte Örtlichkeiten zu verüben: Am vergangenen Sonntag sind in der Stadt Jammu in Kaschmir um zwei Uhr morgens Explosionen zu hören.
Hier ist das Ziel der Drohnen eine Kaserne der indischen Armee: Zwei Soldaten werden bei dem Angriff leicht verletzt und das Dach eines Gebäudes beschädigt. «Die Attacke auf den Stützpunkt der Luftwaffe in Jammu ist ein terroristischer Akt», wird der Polizeichef Dilbag Singh zitiert. Drohnen hätten dabei Bomben abgeworfen.
Es sei möglich, dass diese von Pakistan aus abgeflogen seien – auf diesem Weg seien in den vergangenen Monaten immer wieder Waffen nach Kaschmir gebracht worden. Nun haben Spezialisten der Anti-Terror-Einheit National Investigation Agency – ein Team aus Forensikern, Sprengstoff-Experten und weiteren Fachleuten – die Ermittlungen aufgenommen.
USA vs. Irak und Afghanistan
Dass Drohnen auch das Mittel der Wahl sind, wenn der Einsatzort gefährlich und unübersichtlich ist, zeigen zwei Einsätze der US Air Force: Zum einen hat sie gestern eine Stellung iranischer Kämpfer im Irak angegriffen, weil von dort Drohnen-Angriffe gegen US-Truppen geflogen worden seien, teilt das Pentagon mit.
Und in Afghanistan, wo sich das Militär gerade zurückzieht, hat Washington selbst Drohnen eingesetzt, nachdem sich die Taliban dort immer mehr Bezirke zurückerobern. In mehreren Provinzen liefern sich afghanische Sicherheitskräfte mit den Islamisten schwere Gefechte.
Zwei Drohnen-Einsätze seien deshalb am Freitag im Norden des Landes in den Provinzen Baghlan und Kundus geflogen worden. Über die Zahl der Opfer wurden keine Angaben gemacht.