Beunruhigender Knick Lebenserwartung in reichsten Ländern schlagartig gesunken

uri

17.8.2018

Nicht nur die Grippe war ein Grund dafür, dass die Lebenserwartung der über 65-Jährigen in vielen wohlhabenden Ländern absank.
Nicht nur die Grippe war ein Grund dafür, dass die Lebenserwartung der über 65-Jährigen in vielen wohlhabenden Ländern absank.
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Einen bedenklichen Befund präsentierten US-Wissenschaftler: Nachdem die Menschen in den westlichen Gesellschaften über Jahre hinweg deutlich älter wurden, ging die Lebenserwartung in den meisten der wohlhabenden Länder zwischen 2014 und 2015 plötzlich zurück.

Jessica Ho von der University of Southern California und Arun Hendi von der Princeton University verglichen für ihre im «British Medical Journal» erschienene Metastudie die Datensätze 18 westlicher Länder für den Zeitraum zwischen 2014 und 2015. Wie sie feststellen konnten, ging die Lebenserwartung der Frauen in zwölf der Länder nach unten. Und zwar im Schnitt um 0,21 Jahre. Die Männer hatten in 11 Ländern Einbussen bei der Lebenserwartung zu verzeichnen. Hier waren es durchschnittlich 0,18 Jahre weniger.

Grippewelle allein reicht nicht als Erklärung

Obwohl diese Absenkung der Lebenserwartung nicht hoch ist, gilt sie als ungewöhnlich, denn in vielen Jahren zuvor gab es nur eine Richtung - und zwar nach oben. Immerhin identifzierten die Wissenschaftler einen wesentlichen Grund für die höhere Sterblichkeit zwischen 2014 und 2015. Die damals grassierenden Grippewelle forderte vor allem bei den über 65-Jährigen mehr Tote.

Allerdings reicht die Grippe allein nicht aus, um den Rückgang der Lebenserwartung in dieser Altersklasse zu erklären. Wie die Forscher schreiben, starben in den meisten Ländern auch mehr Menschen in Folge von Atemwegserkrankungen, Herzkreislauferkrankungen, neurodegenerative Leiden wie Demenz und Alzheimer oder wegen psychischer Störungen.

In den USA hingegen sank die Lebenserwartung vor allem bei den Menschen bis 65 Jahre - und das im Zuge der sogenannten «Opiodkrise», also dem starken Anstieg des Missbrauchs von Opiod-Schmerzmitteln und anderen Drogen. Bei jungen Männern ging die Lebenserwartung hier sogar um vier Monate zurück. Aber auch bei anderen europäischen «Verlierernationen», etwa Belgien oder Deutschland, waren «externe Gründe» wie Drogen- und Medikamentenmissbrauch ein wichtiger Faktor für das Absinken der Lebenserwartung bei den unter 65-jährigen.

In der Schweiz haben Männer höchste Lebenserwartung

Schon 2016, nur ein Jahr später, konnten die Wissenschaftler bereits wieder einen deutlichen Anstieg der Lebenserwartung registrieren. Ausnahmen stellten allerdings die USA und Grossbritannien dar, die es nicht schafften, das Ruder wieder herumzureissen.

Für die Autoren ist der nachgewiesene Einbruch ein Alarmsignal dafür, dass auch die hochentwickelten Gesundheitssysteme in reichen Ländern künftig häufiger vor Probleme gestellt werden. Nicht nur die älter werdenden Gesellschaften seien der Grund dafür. Auch die grosse Ungleichheit in der medizinischen Versorgung vieler Länder forderten vor allem in Krisenzeiten mehr Opfer am gesellschaftlichen Rand, warnen die Forscher.

Die Schweiz gehört in der Studie übrigens auch zu den Verlierern, allerdings mit sehr kleinem Ausschlag nach unten und auf sehr hohem Niveau: Männer hatten mit einem Durchschnittsalter von 81,6 Jahren hierzulande immer noch die höchste Lebenserwartung überhaupt. Die Schweizer Frauen rangierten mit 85,4 Jahren auf dem dritten Platz, nach Spanien und vor Frankreich. Am ältesten wurden Frauen in Japan mit 87,2 Jahren.

Diese Länder sind bei der Lebenserwartung spitze:

Frauen

1. Platz: Japan mit einem Durchschnittsalter von 87,2 Jahre

2. Platz: Spanien, 85,8 Jahre

3. Platz: Frankreich, 85,5 Jahre 

4. Platz: Australien, 85,46 Jahre

5. Platz: Schweiz, 85,4 Jahre

Männer

1. Platz: Schweiz, 81,6 Jahre

2. Platz: Australien, 81,5 Jahre

3. Platz: Japan, 81,01 Jahre

4. Platz: Norwegen, 80,61 Jahre

5. Platz: Schweden, 80,57 Jahre

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