Tabletten-Trick Es dauert, bis die Pille wirkt? Leg dich auf die rechte Seite

Von Gabriela Beck

25.8.2022

Wie lange Tabletten für die Passage durch den Magen brauchen, haben Wissenschaftler der Johns Hopkins University anhand eines Computermodells untersucht.
Wie lange Tabletten für die Passage durch den Magen brauchen, haben Wissenschaftler der Johns Hopkins University anhand eines Computermodells untersucht.
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Die Geschwindigkeit, mit der Tabletten, Pillen und Kapseln wirken, ist von der Körperhaltung abhängig. Liegen ist besser als Stehen, berichten Mediziner. Und: Auch auf die Seite kommt es an.

Von Gabriela Beck

Schmerztabletten gegen Kopfweh, Dragees gegen Sodbrennen oder Kapseln gegen Durchfall sollen möglichst schnell wirken. Da sie oral eingenommen werden, müssen sie zuerst den Magen passieren, bevor sie im Darm in ihre heilsamen Bestandteile zerlegt werden, die dann in den Blutkreislauf gelangen. Wie lange sie für die Magenpassage brauchen, haben Wissenschaftler der Johns Hopkins University in Baltimore nun anhand eines Computermodells untersucht.

Dabei wurden Magenform und Schleimhautbeschaffenheit nachgebildet, ebenso wie die typischen Kontraktionen des Organs. Auch die Strömungen des Magensaftes haben die Forscher simuliert – ein recht komplexer Vorgang, da der Mageninhalt durch die Schaukelei beim Gehen und Grössenveränderungen in ständiger dynamischer Bewegung ist. Hinzu kommt: Der Magen ist kein symmetrisches Organ, sondern der Ausgang zum Dünndarm befindet sich rechts der Mittelachse.

Die Schwerkraft hat keinen Einfluss

Das überraschende Ergebnis der Computersimulation haben die Forscher im Fachmagazin «Physics of Fluids» veröffentlicht: Entgegen der naheliegenden Vermutung, dass eine Tablette am schnellsten durch Speiseröhre und Magen rutscht, wenn sie im Stehen oder Sitzen geschluckt wird und die Schwerkraft mithilft, ergab sich die günstigste Passage auf der rechten Seite liegend. Nach rund zehn Minuten kamen die Tabletten im Zwölffingerdarm an, wo die Auflösung von Nährstoffen beginnt – mehr als doppelt so schnell wie in aufrechter Haltung.

«Wir waren sehr überrascht, dass die Körperhaltung einen so immensen Einfluss auf die Auflösungsgeschwindigkeit einer Pille hat», sagt Rajat Mittal, Informatiker für Strömungsdynamik an der Johns Hopkins School of Medicine. Im Stehen oder Sitzen führte die Schwerkraft laut Mittal dazu, dass die Tabletten in eine ungünstige Strömung des Magensaftes gerieten, sodass es länger dauerte, bis sie den Magenausgang hinter sich gebracht hatten.

Als besonders ungünstig für eine schnelle Magenpassage erwies sich in der Computersimulation die linke Seitenlage. Denn um den rechts gelegenen Magenausgang zu erreichen, musste der Magensaft die Tabletten sogar gegen die Schwerkraft bergauf transportieren, was in manchen Versuchsdurchgängen mit über 100 Minuten rund zehnmal länger dauerte als in Rechtslage.

«Gerade für ältere Menschen, die wenig mobil oder sogar bettlägerig sind, kann die richtige Seitenlage demnach eine erhebliche Bedeutung haben», resümiert Mittal.

Auch die letzte Mahlzeit und Gene spielen eine Rolle

Die Auswirkungen von unterschiedlichem Gehalt an Flüssigkeit und Nahrung im Magen haben die Forscher aufgrund der Komplexität allerdings nicht modelliert. Wie unser Körper Medikamente verarbeite, könne dank unserer Gene auch etwas ausserhalb unserer Kontrolle liegen, schränken die Wissenschaftler ein.

Dennoch kommen sie zu dem Schluss: «Trotz dieser Einschränkungen haben wir gezeigt, dass Computermodelle und Simulationen der Magenflüssigkeitsmechanik nützliche Einblicke in die komplexen physiologischen Prozesse liefern können, die der Arzneimittelauflösung zugrunde liegen», schreibt das Team.

Linke Seite bei Magenbrennen und Blähbauch besser

Es gibt aber auch Leiden, bei denen es angenehmer ist auf der linken Seite zu liegen. Bei Reflux etwa, wenn der Schliessmuskel an der unteren Speiseröhre den Magen unvollständig abdichtet, wird der Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre aufgrund der Positionierung des Magens im Körper vermindert. Dasselbe gilt für Durchfall und Blähbauch aufgrund der Lage des Dickdarms auf der linken Seite des Rumpfes.

Bei Bauchweh und Magen-Darm-Irritationen wiederum bringen hingegen angewinkelte Beine oftmals etwas Linderung – egal, ob zur rechten oder linken Seite.