Umweltschutz Kläranlagen halten 96 Prozent des Quecksilbers zurück

iw, sda

6.1.2021 - 09:52

Die Eawag hat als erste Forschungsstelle weltweit untersucht, welche Mengen an Quecksilber tatsächlich in Kläranlagen fliessen und wie effektiv diese die giftige Substanz herausfiltern. Im Bild entnimmt die Masterstudentin Lara Cayo Klärschlammproben im Klärwerk Werdhölzli. (Foto: Elke Suess, Eawag)
Die Eawag hat als erste Forschungsstelle weltweit untersucht, welche Mengen an Quecksilber tatsächlich in Kläranlagen fliessen und wie effektiv diese die giftige Substanz herausfiltern. Im Bild entnimmt die Masterstudentin Lara Cayo Klärschlammproben im Klärwerk Werdhölzli. (Foto: Elke Suess, Eawag)
Keystone

96 Prozent des in Schweizer Kläranlagen anfallenden Quecksilbers werden aufgefangen. Das sind freilich nur 1,5 bis 3 Prozent der Menge Quecksilber in Oberflächengewässern. Die Gewässer zu entgiften wird ein langwieriger Prozess sein, wie eine Zürcher Studie zeigt.

Nur etwa 130 Kilogramm Quecksilber fliessen pro Jahr in Schweizer Kläranlagen. Fast 100 Mal so viel «kommt» nicht in den Kläranlagen «vorbei». Es wird aus diffusen, noch nicht eindeutig identifizierten Quellen in die Gewässer eingetragen. Weil es schnell verdampft, wird es durch atmosphärischen Transport aus den Ozeanen oder Böden verfrachtet oder aus historisch belasteten Standorten oder Sedimenten ausgewaschen, wie es in einer Mitteilung des Wasserforschungsinstituts Eawag und des Bundesamt für Umwelt (Bafu) vom Mittwoch heisst.

Die höchsten Quecksilberwerte fallen in Aras der Westschweiz an, vor allem in Regionen, in denen die Uhren- und Schmuckindustrie angesiedelt ist. Doch: «Ob das Quecksilber tatsächlich aus diesen Regionen stammt oder durch die Atmosphäre von weit her transportiert wurde, müsste man noch genauer untersuchen». Das sagt Michael Berg, Geochemiker an der Eawag und Mitautor der Studie «Quecksilber in Schweizer Abwasser – Konzentrationen, Massenflüsse, Speziierung und Rückhalt», die in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift «Aqua & Gas» publiziert wurde.

Zahnärzte als Umweltsüder

Aus früheren Zeiten, als die Toxizität von Quecksilber noch nicht so bewusst war wie heute, lagern noch grosse Mengen dieses Schwermetalls in Böden und Gewässern. Es sei beispielsweise aus den Kaminen von Kehrichtsverbrennungsanlagen gekommen oder auch aus Zahnarztpraxen, erklärt Berg auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Heute haben die Abscheider».

Dass diese aus Altlasten stammenden Verunreinigungen mit Quecksilber nicht von Aras geklärt werden werden, heisse nicht, dass man nichts dagegen tun könne, sagt Berg. Sie gelangen in den Kreislauf und damit irgendwann auch in die Kläranlagen. «Aber das geht nicht von heute auf morgen».

Pionierarbeit

Repräsentative Studien, welche Mengen an Quecksilber tatsächlich in Kläranlagen fliessen und wie effektiv diese die giftige Substanz herausfiltern, existierten bisher nicht. Die Resultate aus der Dübendorfer Studie sind gemäss Verfasser repräsentativ für industrialisierte Länder.

Sie tragen zur Bestandesaufnahme bei, welche die Eindämmung von Quecksilber-Emissionen gemäss dem Minamata-Abkommen ermöglichen soll. Seit 2017 ist das Minamata-Abkommen in Kraft, seit 2020 sind die meisten quecksilberhaltigen Produkte – wie etwa Quecksilber-Fieberthermometer – verboten.

Das krankmachende «Heilmittel»

Quecksilber ist extrem giftig. Im 19. Jahrhundert starben massenhaft Frauen daran, weil ihnen das flüssige Schwermetall als Mittel gegen Frauenleiden verschrieben worden war. Als Remedium gegen Syphilis war Quecksilber sogar vom 15. bis ins 20. Jahrhundert im Einsatz – auch das mit oft tödlichen Folgen.

Deshalb wurde 2013 die Minimata-Konvention zur Eindämmung von Quecksilber-Emissionen geschlossen. Das Abkommen wurde auch von der Schweiz ratifiziert und mitfinanziert.

Die Konvention heisst ausnahmsweise nicht nach dem Austragungsort der letzten Verhandlung, sondern nach einem Vergiftungssyndrom, der Minamata-Krankheit. Sie brach in der japanischen Hafenstadt Minamata aus, nachdem der Chemiekonzern Chisso Quecksilber im Meer entsorgt hatte. 17'000 Menschen erkrankten, 3000 starben.

Zurück zur Startseite