Der Klimawandel ist in aller Munde: Überschwemmungen in Mitteleuropa, Hitze und Waldbrände in der Mittelmeerregion. Am Montag legt der Weltklimarat den neuesten Wissensstand zum Klimawandel vor.
Die jüngsten Wetterextreme erschüttern die Menschen: jüngst die beispiellose Hitzewelle in Kanada, dann die Flutwellen der Zerstörung im Westen Deutschlands, jetzt die Hitze und die Flächenbrände in Griechenland und der Türkei. Klimawandel verbanden die meisten Leute bislang mit einer allgemeinen Erwärmung. Aber solche furchterregenden Extremwetter, in unseren Breitengraden?
Der Weltklimarat (IPCC) legt nach rund sieben Jahren wieder einen Sachstandsbericht vor. Am Montag (10 Uhr) erscheint der erste Teil über den neuesten Stand der wissenschaftlichen Grundlagen zum Klimawandel. «Kapitel 11 geht in einen bahnbrechenden Bereich der Wissenschaft», kündigt IPCC-Sprecher Jonathan Lynn an. «Wir können besser darlegen, in welchem Ausmass der Klimawandel für Extremwetterereignisse, Desaster und ähnliches in der Welt verantwortlich ist.»
Dass die Menschen mit ihrer Energiegewinnung, Intensivlandwirtschaft, Abholzung, Tierhaltung und Umweltverschmutzung massgeblich für den Klimawandel verantwortlich sind, ist unter den Wissenschaftlern unbestritten. Wie gross dieser Einfluss ist, will der Weltklimarat in dem Bericht noch einmal vor Augen führen: «Es wird mehr über die Folgen der menschlichen Aktivitäten auf den Klimawandel geben», sagte Lynn.
Drei Extremwetterjahre seit letztem Bericht
Der Weltklimarat forscht nicht selbst. Er fasst den Kenntnisstand der Wissenschaft zum Klimawandel zusammen. An dem neuen Bericht waren 234 Autorinnen und Autoren aus 66 Ländern beteiligt. Ihre Erkenntnisse werden für politische Entscheidungsträger in einem Papier gebündelt, das die 195 Mitgliedsländer des Weltklimarats absegnen.
Der letzte Sachstandsbericht stammt von 2013/14. Seitdem hat es die sechs wärmsten Jahre seit Messbeginn gegeben. 2016, 2019 und 2020 waren mit minimalen Unterschieden die drei heissesten Jahre. Global liegt die Mitteltemperatur etwa 1,2 Grad über vorindustriellem Niveau (1850–1900). Im Pariser Klimaabkommen setzten sich Staaten 2015 das Ziel, möglichst unter 1,5 Grad Erwärmung zu bleiben.
Klimawandel verlangsamt Jetstream
Sowohl Hochwasser als auch Hitze gehen darauf zurück, dass Wetterlagen ungewöhnlich lange nicht vom Fleck kommen. In Deutschland hat sich jüngst Tief Bernd mit den verheerenden Regenfällen tagelang kaum bewegt. Im östlichen Mittelmeer ist es eine festsitzende Hitzeglocke. Das hat auch mit dem Jetstream zu tun – den Winden, die in rund zehn Kilometern Höhe um den Erdball ziehen – und dieser Jetstream wird durch den Klimawandel verändert.
Er entsteht durch den Druckunterschied zwischen kalter Luft aus der Polarregion und warmer Luft aus den Subtropen. Je stärker der Temperaturunterschied in den Regionen, desto stärker ist der Jetstream. Weil die Temperatur in der Arktis deutlich schneller gestiegen ist als in den Subtropen, ist der Temperaturunterschied kleiner geworden und der Jetstream im Mittel langsamer. Extremwetterereignisse wie Starkregen oder Hitze, Dürre und Waldbrände sind die Folge.
«Klimaschutz macht glücklich»
Das Leben für den Klimaschutz verändern bedeute ja gar nicht automatisch einen Verlust an Lebensqualität, sagt der Meteorologe Peter Knippertz vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). In autofreien Städten sei mehr Platz für Kinder und Begegnungen, das Leben sei entspannter, mit weniger Stress und Bluthochdruck, und – wenn mehr Leute mehr Fahrrad fahren – weniger Übergewicht.
Die deutsche Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) könnte sich ein Ende des innerdeutschen Flugverkehrs vorstellen. Dafür müssten dann Schnellstrecken für den öffentlichen Verkehr gebaut werden, wie sie der Nachrichtenagentur dpa sagte. Knippertz' Fazit: «Man könnte mit mehr Klimaschutz nicht nur entschleunigen, sondern auch glücklicher werden.»