Gesprayte Liebeserklärung in Zürich.
Ein Schalgang zieht sich durch die Raum-Enfilade des Museums.
Kulturgeschichte des Betons im Schweizerischen Architekturmuseum - Gallery
Gesprayte Liebeserklärung in Zürich.
Ein Schalgang zieht sich durch die Raum-Enfilade des Museums.
Beton ist der weltweit meistverwendete Baustoff. Weil die Herstellung aber das Klima belastet, wäre ein Ersatz dringend nötig. Das Schweizerische Architekturmuseum in Basel wirft nun einen Blick auf die Materie und die Kulturgeschichte des Betons.
Bereits die Ausstellungsszenografie stellt klar: Hier geht es um das allgegenwärtige Bau-Fundament der Arbeits-, Wohn-, Kultur- Mobilitäts- und Energiewelt. Graber & Steiger Architekten haben als Ausstellungsszenografen die erhabenen Räumlichkeiten im neoklassizistischen Museumsbau in eine Baustelle verwandelt.
Mitten durch die Raum-Enfilade zieht sich nun ein schmaler Schalungs-Gang mit den typischen gelben Holzbrettern, die normalerweise auf beinahe allen Baustellen für die Gussformen für Frischbeton dienen. Von diesem Gang aus gelangt man in neun Kabinette, in denen ebenso viele Geschichten über Beton erzählt werden.
Dabei geht es unter anderem um so prinzipielle Frage, was der Kunststein Beton eigentlich ist. Weiter geht es um komplexere Zusammenhänge, wie sehr dieser Baustoff das Leben, die Landschaft des Betonlands Schweiz und nicht zuletzt die Energieversorgung geprägt hat und noch immer prägt.
Dokumentiert werden diese Geschichten mit zahlreichen Baumodellen, Entwurf- und Planzeichnungen sowie Filmen, die aus den wichtigen Architekturarchiven der Schweiz stammen. Namentlich sind dies das gta-Archiv der ETH Zürich, die Archives de la construction moderne der EPF Lausanne und das Archivio del Moderno dell’Academia di Architettura der Università della Svizzera italiana.
Dokumentarfilm von Jean-Luc Godard
In der Ausstellung stösst man dabei auch auf überraschende Dokumente, wie etwa einen Dokumentarfilm des jungen Jean-Luc Godard. In den 1950er-Jahren hat er unter dem Titel «Opération Béton» den Beton-Monsterbau der Staumauer Grande Dixence im Wallis dokumentiert, an dem er als Arbeiter selber beteiligt war.
Wie sehr Beton zur «Muttermilch der Architektur» geworden ist, wie sich Museumsdirektor Andreas Ruby am Freitag an der Medienführung ausdrückte, zeigt diese Ausstellung in vielen Facetten. Die Schau befasst sich auch mit den negativen Assoziationen, mit denen Beton verbunden ist – etwa als Symbol für die Zerstörung wertvollen Lebensraums. Dieser Aspekt wird aber nur sehr knapp abgehandelt.
Auch die Zukunft des Baustoffs Beton wird in der Ausstellung, die sich als Rückschau auf die Geschichte des Betons versteht, nur angetippt. Sie ist aber wichtiger Bestandteil des Gesamtprojekts, wie Ruby betonte. So werden verschiedene Zukunftsaspekte im reichhaltigen Begleitprogramm erörtert werden: so unter anderem die aktuelle Frage, dass Beton als grosser CO2-Emittent als Baustoff der Zukunft immer mehr in Frage gestellt wird.
Die Ausstellung «Beton» im Schweizerischen Architekturmuseum S AM in Basel dauert bis 24. April 2022.