Paläogenetik Studie: Lepra könnte in Europa entstanden sein

sda

11.5.2018

Ein zweijähriges Kind wird in Marana auf Madagaskar auf eine mögliche Lepra-Erkrankung untersucht. Foto: Laetitia Bezain
Ein zweijähriges Kind wird in Marana auf Madagaskar auf eine mögliche Lepra-Erkrankung untersucht. Foto: Laetitia Bezain
dpa

Im Mittelalter waren in Europa mehrere Lepra-Bakterienstämme verbreitet und nicht wie bisher angenommen nur zwei. Dies fanden Zürcher Forschende mit Kollegen aus Deutschland heraus. Ihnen gelang es zudem, das bisher älteste Lepra-Genom zu rekonstruieren.

Lepra war in Europa bis ins 16. Jahrhundert weit verbreitet und ist bis heute in vielen Ländern der Welt endemisch. Pro Jahr erkranken mehr als 200'000 Menschen neu daran. Hauptverursacher der Lepra ist das Bakterium Mycobacterium leprae.

Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Universitäten Zürich und Tübingen sowie des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte untersuchte Proben von etwa 90 Individuen aus ganz Europa aus der Zeit von etwa 400 bis 1400 n. Chr., die die für Lepra charakteristischen Knochenverformungen aufwiesen. Aus diesen Proben wurden zehn mittelalterliche Genome rekonstruiert, wie die Forschenden im Fachjournal "PLOS Pathogens" berichten.

Überraschende Vielfalt

Insgesamt umfassen die Genome alle bekannten Stämme der Lepra-Erreger, auch solche, die heute in Asien, Afrika oder Nord- und Südamerika auftreten. "Teilweise haben wir sehr verschiedene Lepra-Stämme aus Knochenmaterial vom selben Friedhof isoliert", berichtet die Erstautorin der Studie, Professorin Verena Schünemann.

Sie wechselte kürzlich von der Universität Tübingen als Assistenzprofessorin für Paläogenetik an die Universität Zürich. "Dies zeigt besonders gut die Vielfalt der Lepra-Stämme, die damals auf dem Kontinent kursierten", so Schünemann.

Tatsächlich traten alle bekannten Lepra-Stämme bereits im mittelalterlichen Europa auf, was die Forscher überrascht hat. "Dies legt nahe, dass Lepra schon in der Antike in Asien und Europa weit verbreitet gewesen sein muss und dass die Krankheit ihren Ursprung im westlichen Eurasien haben könnte", fasst der Letztautor der Studie, Johannes Krause, Direktor am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte und Forschungsgruppenleiter an der Universität Tübingen, die Ergebnisse zusammen.

Ältestes Lepra-Genom

Eines der rekonstruierten Genome ist aus England und stammt aus dem Zeitraum zwischen 415 bis 545 n. Chr. Dieses älteste rekonstruierte Genom von Mycobacterium leprae gehört zum gleichen Stamm, der in heute lebenden Eichhörnchen entdeckt wurde.

Das stützt die Hypothese, dass Eichhörnchen und der Handel mit ihren Fellen bei der Ausbreitung der Lepra unter Menschen des Mittelalters in Europa eine Rolle gespielt haben.

Die Dynamik der Lepra-Übertragung ist noch nicht vollständig geklärt. Auch ist noch unklar, woher genau die Lepra ursprünglich stammt. Zwar gibt es schriftliche Zeugnisse von Leprafällen aus der vorchristlichen Zeit. Allerdings fehlen den Forschern die Proben, um dies auf molekularer Ebene zu bestätigen. Die aktuellen Ergebnisse legen nahe, dass Lepra-Bakterien schon viel länger existieren als gedacht.

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