RaumfahrtVerschnupft und motzend im All - die bizarre Mission «Apollo 7»
dpa
11.10.2018
Viel stand auf dem Spiel, aber von Anfang an lief es nicht rund: Nach der «Apollo 1»-Tragödie sollte vor 50 Jahren «Apollo 7» beweisen, dass das US-Raumfahrtprogramm doch eine Zukunft hat.
Auf dem Weg zur Internationalen Raumstation ISS musste heute eine Sojus-Kapsel notlanden, ihre Besatzung kam zum Glück unbeschadet davon. Fast könnte man meinen, dass es sich bei dem Ereignis um einen Fingerzeig aus den Weiten des Alls hendelt - denn auch exakt vor 50 Jahren lief es überhaupt nicht rund in der Raumfahrt.
Der Start der «Apollo 7»-Mission der US-Raumfahrtbehörde Nasa stand am Donnerstag (11. Oktober) vor 50 Jahren kurz davor, abgesagt zu werden. Zu stark war der Wind am Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida. Aber die Nasa-Leitung machte Druck. «Es war wirklich so, dass da jemand dringend starten wollte», sagte «Apollo 7»-Kommandant Walter Schirra später. «Ich habe dagegen angekämpft, bis es schwer wurde und schliesslich habe ich aufgegeben, mit grosser Sorge.»
Es steht viel auf dem Spiel: Rund anderthalb Jahre zuvor waren beim Brand der «Apollo 1»-Kapsel während einer Übung drei Nasa-Astronauten ums Leben gekommen. Der Start von «Apollo 7» fühlt sich für die Astronauten dramatisch an. «Als ich die Zündung gehört habe, gab es ein brutales, vibrierendes Geräusch. Unwirklich. Beim Start konnte ich die Uhr gar nicht richtig sehen, ich dachte, die Welt geht unter», erinnert sich Schirra später. Aber der Start verläuft erfolgreich.
Die Probleme gingen weiter
Kurz danach allerdings gehen die Probleme weiter. Kommandant Schirra bekommt eine Erkältung und steckt auch noch seine beiden Kollegen Donn Eisele und Walter Cunningham an. Da Nasensekrete im All aufgrund der Schwerelosigkeit nicht automatisch ablaufen, fühlt sich eine Erkältung im All deutlich unangenehmer an als auf der Erde. Die drei Astronauten fühlten sich matt und müde, gleichzeitig sollten sie eigentlich ein straffes Testprogramm absolvieren.
Besonders Schirra wurde mürrisch und stritt sich immer wieder mit der Flugleitung am Boden. «Ich wünschte, ihr würdet den Namen des Idioten herausfinden, der sich diesen Test ausgedacht hat», schnauzte er einmal bei einem Antriebstest Richtung Flugleitung. «Ich will es wissen und ich will mit ihm persönlich reden, wenn ich wieder unten bin.»
Als wäre das nicht genug, gab es weitere Probleme: Das Essen - unter anderem dehydrierter Obstsalat, Zimttoast, Kakao, Hühnchensalat und Lebkuchen - war den Astronauten «zu viel und zu süss». Die Toiletten funktionierten nicht richtig. Keiner von den dreien schlief gut. «Die ganze Zeit da oben konnte ich nicht richtig schlafen», erinnerte sich Eisele später. «Das lag an dem komischen Stundenplan und den Aktivitäten und Unterhaltungen der anderen.» Vom Boden aus bat die Nasa die kranken Astronauten zudem ständig, ihr ohnehin schon straffes Arbeitsprogramm noch zu ergänzen.
Hinter den Kulissen brodelt es
Öffentlich zu merken war von alldem nichts. «Apollo 7» hatte erstmals eine Kamera dabei, mit der Live-Übertragungen ins Fernsehen möglich waren. Lächelnd hielten die drei Männer Fanpost in die Kamera und bedankten sich artig - für die Nasa ein PR-Coup, für den sie sogar einen renommierten US-Fernsehpreis, den Emmy, gewann.
Hinter den Kulissen aber brodelte es weiter - und kulminierte schliesslich bei der Landung. Die verschnupften Astronauten wollten ihre Helme nicht tragen, weil sie Angst hatten, dass sie sich dann nicht die Nasen zuhalten könnten und ihre Trommelfelle platzen würden. Die Flugleitung aber bestand auf den Helmen - aus Sorge, dass sich die Astronauten sonst das Genick brechen könnten. «Ich ordne an, dass du deinen Helm anziehst», sagte Chef-Astronaut Deke Slayton vom Boden aus zu Kommandant Schirra. Dessen Antwort: «Deke, dann komm doch hoch und zieh ihn mir an.»
Die Landung - nach 10 Tagen, 20 Stunden, 9 Minuten und 163 Erdumrundungen - läuft erfolgreich. Ohne Helme. Chef-Astronaut Slayton nimmt sich Kommandant Schirra danach erstmal für eine Aussprache zur Seite. Die Mission sei ein Erfolg gewesen, da sind sich alle bei der Nasa einig - die vielen Tests hätten wichtige Informationen geliefert. Aber die Stimmung ist vergiftet. «Ich war total sauer», erinnert sich Missionsleiter Glynn Lunney später. «Das war ein Affront, unangebracht und aufmüpfig.»
Eisele starb 1987, Schirra 2007. Cunningham ist 86 Jahre alt. Die berühmt-berüchtigte «Apollo 7»-Mission blieb für alle drei Astronauten der letzte Flug ins All.
60 Jahre Nasa: Meilensteine der US-Raumfahrtbehörde
Die «National Aeronautics and Space Administration» wurde 1958 als zivile US-Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft gegründet. Die NASA fungiert mit rund 17'000 Beschäftigten auch als wichtige geo- und klimawissenschaftliche Forschungsstation, doch ins kollektive Gedächtnis der Menschheit ist sie durch ihre Gehversuche im Weltall gerückt. Wir zeigen in dieser Galerie Schlüsselmomente der US-Raumfahrtbehörde.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Ein erklärtes Fernziel der NASA mit Hauptsitz in Washington D.C. ist ein bemannter Flug zum Mars, möglicherweise mit dem in Entwicklung befindlichen Raumschiff Orion. Ob möglicherweise private Investoren der staatlichen Institution zuvorkommen, ist derzeit ungewiss. Diese Grafik spielt in jedem Falle noch Zukunftsmusik.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Im Rahmen des New-Frontiers-Programms erforscht die NASA unser Sonnensystems mit Raumsonden. Die «New Horizons» hob im Januar 2006 ab, um den Pluto und seinen Mond Charon sowie den Kuipoergürtel zu erkunden. Im Januar 2019 sollte die Sonde den transneptunischen Himmelskörper 2014 MU69 erreichen.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Ein «Selfie» des Marsrovers Curiosity am Aeolis Mons auf dem erdnächsten Planeten vom August 2015. Drei Jahre zuvor war die Sonde auf dem Mars gelandet. Seitdem hat die Curiosity gut 12 Kilometer zurückgelegt und gestochen scharfe Bilder von der leblosen Oberfläche des Roten Planeten geliefert.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Die solargetriebene Sonde Juno wurde im August 2011 gestartet und schwenkte im Juli 2016 in eine Umlaufbahn um den Jupiter ein. Sie erforscht den Gasplaneten aus einer polaren Umlaufbahn.
Bild: Keystone
Was mit Sonden (noch) nicht erreichbar ist, wird für uns durch das Hubble-Weltraumteleskop sichtbar wie hier das Paar der etwa 70 Millionen Lichtjahre entfernten Antennen-Galaxien im Sternbild Rabe. Der um die Erde kreisende Satellit ist für das blosse Auge sichtbar, allerdings nicht von der Schweiz aus, da er nicht über den Horizont steigt
Bild: Gemeinfrei/NASA
Im Jahr 2021 könnte das in Entwicklung befindliche James-Webb-Weltraumteleskop die Nachfolge von Hubble antreten. Das wesentlich leistungsstärkere Teleskop ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der ESA und der kanadischen Weltraumagentur CSA.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Die NASA liefert auch Daten über umweltrelevante Vorgänge auf der Erde und misst zum Beispiel die Grösse des Ozonlochs über der Antarktis ...
Bild: Gemeinfrei/NASA
... oder die weltweite Lichtverschmutzung.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Gemeinsam mit anderen Raumfahrtbehörden begann die NASA 1998 mit dem Bau an der Internationalen Raumstation (ISS). Seit November 2000 ist die ISS dauerhaft von Astronauten bewohnt. Die in einer Höhe zwischen 370 bis 460 Kilometern um die Erde kreisende Station wird laufend erweitert und verbessert.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Durch tödliche Unfälle erlebte die NASA im Laufe ihrer Geschichte auch schwere Rückschläge. So kam die gesamte siebenköpfige Besatzung der Raumfähre Columbia ums Leben ...
Bild: Keystone
... als das Space Shuttle am 1. Februar 2003 nach einer zweiwöchigen Mission beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre auseinanderbrach.
Bild: Keystone
Tief ins Gedächtnis der Menschheit brannte sich die Mission «Apollo 11» der NASA ein. Am 16. Juli 1969 startete die Raumkapsel an der Spitze der Trägerrakete Saturn V von Cape Canaveral in Florida ...
Bild: Gemeinfrei/NASA
... und brachte drei US-amerikanische Astronauten zum Mond. Der erste Mensch auf dem Erdtrabanten war am 21. Juli Neil Armstrong, der hier seinen Kollegen Buzz Aldrin fotografiert.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Der erste Mensch, den die NASA in den Weltraum bringen konnte, war Alan Shepard. Nach einem 15-minütigen suborbitalen Flug erreichte er am 5. Mai 1961 wohlbehalten die Erdoberfläche. Der sowjetrussische Kosmonaut Juri Gagarin war der NASA allerdings mit seiner Erdumrundung am 12. April 1961 als erster Mensch im All zuvorgekommen.
Zusammen mit William A. Anders (Mitte) umkreisten James A. Lovell (rechts) und Frank Borman (links) bei der Appollo-8-Mission als erste Menschen den Mond.
Bild: Keystone
In einer solchen Gemini-Kapsel verbrachten James Lovell und Frank Borman zwei Wochen im Weltall.
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Der Start von Apollo 8 von Kap Kennedy. Frank Borman umrundete als Kommandant der Raumkapsel Apollo 8 Weihnachten 1968 zusammen mit William A. Anders und James A. Lovell erstmalig den Mond.
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Die Crew der Apollo 8 Mission kurz vor dem Abflug ins Ungewisse (von links): James A. Lovell, William A. Anders und Frank Borman.
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William Anders machte auf der Mondmission das legendäre Bild «Earthrise».
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Der ehemalige NASA-Astronaut und damalige Präsident der US-Fluggesellschaft Eastern Airlines Frank Borman wird am 14. März 90.
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Der ehemalige Astronaut James A. Lovell bei einer Preisverleihung im Jahr 2010.
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Die Astronauten bedankten sich nach der erfolgreichen Wasserung im Pazifik bei der Crew der USS Yorktown, die sie wie geplant im Ozean an Bord holte.
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James Lovell war insgesamt vier Mal im Weltall. 1966 fotografierte er bei der Gemini-12-Mission bei einem Ausseneinsatz seinen Kollegen Buzz Aldrin, der drei Jahre später als zweiter Mensch den Mond betrat.
Bild: Keystone
Lovell hatte auch bei der legendären Apollo-13-Mission das Kommando: 1970 explodierte dabei ein Sauerstofftank des Raumfahrzeugs. Die Astronauten konnten durch ein spektakuläres Manöver gerettet werden.
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