Psychologie Viele Medienkonsumenten erkennen bezahlte Inhalte nicht als solche

stsc, sda

1.12.2021 - 08:44

Journalistisch aufgemachte Schleichwerbung - wie hier für ein Samsung-Handy in der einmaligen Gratiszeitung "Blick am Morgen" (2015) - wird häufig nicht als solche erkannt. In einer Studie konnten über ein Drittel der Testpersonen nicht erkennen, dass es sich um Werbung handelte (Symbolbild).
Journalistisch aufgemachte Schleichwerbung - wie hier für ein Samsung-Handy in der einmaligen Gratiszeitung "Blick am Morgen" (2015) - wird häufig nicht als solche erkannt. In einer Studie konnten über ein Drittel der Testpersonen nicht erkennen, dass es sich um Werbung handelte (Symbolbild).
Keystone

Werbeinhalte verpackt in redaktionellem Gewand werden trotz Kennzeichnung oftmals nicht als gesponserte Beiträge wahrgenommen: In einem Online-Experiment hat gut ein Drittel (35 Prozent) der Teilnehmenden die Schleichwerbung nicht als solche erkannt.

Keystone-SDA, stsc, sda

«Je nach Plattform und Art der Kennzeichnung, bemerkten sogar bis zu 60 Prozent der Teilnehmenden nicht, dass es sich bei einem Beitrag um gesponserten Inhalt handelt», sagte Medienwissenschaftler Guido Keel von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) gemäss einer Mitteilung vom Mittwoch.

Er und sein Team untersuchten in einer Stichprobe von 1800 Personen aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz, wie und ob diese sogenannte Native Ads während deren Lektüre erkannten. Die Studie wurde mitfinanziert vom Bundesamt für Kommunikation Bakom.

Mit Native Ads gewinnen Werbetreibende eine neue Möglichkeit, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu binden, insbesondere, weil der so platzierte Inhalt nicht plump kommerziell, sondern journalistisch daherkommt. Das Erkennen solcher Inhalte wäre gemäss der ZHAW wichtig für die Transparenz und Unabhängigkeit des Journalismus.

Am ehesten erkannten die Studienteilnehmenden solche Native Ads, wenn ein Hinweis am Ende des Artikels platziert wurde. Beinahe so wichtig für die Erkennung sei, wie über ein Thema berichtet werde, schreiben die Forschenden, etwa, wenn ein Produkt «unverhältnismässig intensiv oder positiv beschrieben wird.»

Unverständliche Bezeichnungen

Überraschenderweise zeigte die Studie, dass Teilnehmende, die einen Beitrag als bezahlt wahrgenommen hatten, den Informationsgehalt und die Glaubwürdigkeit des Inhalts nicht unbedingt tiefer einschätzten als die Vergleichsgruppe, denen der Hinweis auf das Sponsoring vorenthalten wurde. Vielmehr stuften sie die gesponserten Beiträge in einzelnen Fällen sogar als informativer und glaubwürdiger ein.

Weiter ging aus der Untersuchung hervor, dass die spezifische Kennzeichnung der gesponserten Inhalte oftmals nicht verstanden wurde: Die Hälfte der Teilnehmenden verstand nicht, was «Native Content» bedeuten soll, Bezeichnungen wie «Paid Post», «Sponsored» oder «Anzeige» konnten jeweils zwanzig Prozent nicht richtig einordnen. Zwischen fünf und zehn Prozent der Befragten nahmen zudem an, dass der Urheber keinen Einfluss auf die Inhalte nehme.

Die Forschenden erfassten zudem in einer kleinen Stichprobe der Studiengruppe die Blicke, während diese Native Ads lasen. Resultat dieses sogenannten Eye-Trackings mit 24 jungen Mediennutzenden: Der Hinweis auf das Sponsoring wurde kaum zur Kenntnis genommen. War dieser nicht Teil des Lauftextes, wurde er unbewusst und routiniert ignoriert. Und: «Selbst Teilnehmende, die den Hinweis auf das Sponsoring betrachteten, konnten sich in der anschliessenden Befragung nicht daran erinnern, einen Hinweis gesehen zu haben», so Keel.