Raumfahrt Weltraummissionen verdrahten das Gehirn von Astronauten neu

stsc, sda

21.2.2022 - 08:32

Ein Langzeitaufenthalt im All wirkt sich auf die Gehirnstrukturen aus: der Kosmonaut Oleg Skripochka (links) und die Astronautin Jessica Meir an Bord der ISS. (Archivbild)
Ein Langzeitaufenthalt im All wirkt sich auf die Gehirnstrukturen aus: der Kosmonaut Oleg Skripochka (links) und die Astronautin Jessica Meir an Bord der ISS. (Archivbild)
Keystone

Die Auswahl neuer Astronautinnen und Astronauten der ESA läuft auf Hochtouren. Derweil zeigt eine neue Studie: Das Hirn passt sich während Weltraummissionen der Schwerelosigkeit an. Auch sieben Monate nach der Rückkehr zur Erde sind die Veränderungen noch sichtbar.

Demnach beobachteten die Forschenden um Floris Wuyts von der Universität Antwerpen strukturelle Veränderungen in Hirnbahnen, die wichtig sind für die Sensomotorik, die Sprache und visuelle Funktionen. Das berichten sie im Fachmagazin «Frontiers in Neural Circuits».

Wie sich diese Anpassungsstrategien des Gehirns auf den Alltag auswirken, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Für nachteilige Auswirkungen gebe es aber keinerlei Anhaltspunkte, so die Forschenden.

Hirnscans von 12 Kosmonauten

In Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumagentur ESA und der russischen Raumfahrtbehörde Roscosmos untersuchte das Team die Gehirne von zwölf Kosmonauten, die im Schnitt ein halbes Jahr auf der Internationalen Raumstation ISS verbrachten. Mittels Hirnscans untersuchten sie die Veränderungen in der weissen Hirnsubstanz der Allreisenden sowie von 13 Kontrollpersonen. Vereinfacht gesagt ist die weisse Substanz der Kommunikationskanal des Gehirns.

So stellten die Forschenden Veränderungen in den neuronalen Verbindungen zwischen verschiedenen motorischen Bereichen im Gehirn der Kosmonauten fest. In diesen Arealen werden Bewegungen gesteuert. «In der Schwerelosigkeit muss ein Astronaut seine Bewegungsstrategien im Vergleich zur Erde drastisch anpassen», erklärt Erstautor Andrei Doroshin von der US-amerikanischen Drexel University. Und die Studie zeige, dass die verschiedenen Hirnregionen im Weltall sozusagen neu verdrahtet würden.

Langzeitveränderungen

Nachuntersuchungen bei acht Kosmonauten zeigten, dass die Veränderungen sieben Monate nach der Rückkehr auf die Erde noch sichtbar waren.

Einschränkend geben die Forschenden zu bedenken, dass die Stichprobe klein war, weshalb weitere Langzeitstudien nötig seien. Auch im Hinblick auf künftige Marsmissionen, die deutlich länger dauern würden, erachten sie dies als wichtig.

Währenddessen sucht die ESA das erste Mal seit mehr als einem Jahrzehnt neue Astronautinnen und Astronauten, die als festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Weltraummissionen eingesetzt werden sollen. Erst kürzlich teilte sie mit, dass 11 Schweizerinnen und 19 Schweizer den Sprung in die zweite Bewerbungsrunde geschafft hatten.

https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fncir.2022.815838/full

stsc, sda