Neue Antibiotika-Klasse ETH-Forscher entwickeln neue Waffe gegen resistente Keime

SDA/uri

24.10.2019

Viele Keime weisen inzwischen Mehrfachresistenzen gegenüber Antibiotika auf. (Symbolbild)
Viele Keime weisen inzwischen Mehrfachresistenzen gegenüber Antibiotika auf. (Symbolbild)
Bild: dpa

Eine neue Antibiotika-Klasse, die auch gegen multiresistente Erreger wirkt, haben Zürcher Forschende entdeckt. Nun soll der Wirkstoff am Menschen getestet werden.

Im Kampf gegen resistente Keime haben Zürcher Forschende einen bedeutenden Schritt nach vorne gemacht: Sie haben eine neue Antibiotika-Klasse entdeckt, die gegen mehrere Bakterien wirksam ist.

Die Forschenden fanden eine neue Familie von synthetischen Antibiotika. Diese blockieren den Aufbau der äusseren Bakterien-Membran und töten so gramnegative Keime effektiv ab.



Mit «gramnegativ» werden Bakterien bezeichnet, die eine dünne Zellwand haben und nach der sogenannten Gramfärbung unter dem Mikroskop rot sichtbar sind. Beispiele für solche Keime sind Salmonellen, Legionellen oder Chlamydien.

Klinische Prüfung mit «POL7306» geplant

Wie die Universität Zürich (UZH) am Mittwoch mitteilte, interagieren die neu entdeckten Antibiotika mit Bestandteilen der Aussenmembran. Sie binden sich einerseits an fettähnliche Membrankomponenten und andererseits an das Membranprotein BamA. Dieses ist für den Aufbau der äusseren Hülle von gramnegativen Bakterien wichtig. Weil die Membran nicht mehr gebildet werden kann, sterben die Keime ab.



Das Forschungsprojekt wurde zusammen mit dem ehemaligen UZH-Startup-Unternehmen Polyphor mit Sitz in Allschwil durchgeführt. Dieses Unternehmen plant nun, eine der Substanzen, sie heisst «POL7306», in die klinische Prüfung am Menschen zu bringen.

Resistenzen gegen Reserve-Antibiotika

Die rasche Verbreitung von Antibiotikaresistenzen ist ein weltweites Problem. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO stellen vor allem gramnegative Bakterien, die gegen Carbapenem- und Cephalosporin-Antibiotika resistent sind, eine Bedrohung dar. Diese Erreger können lebensbedrohliche Infektionen wie Lungen- oder Hirnhautentzündungen, Wundinfekte und Blutvergiftungen verursachen.



Die letzte neue Antibiotika-Klasse, die gegen diese Mikroorganismen auf den Markt kam, stammt noch aus den 1960er-Jahren. Neue Antibiotika werden dringend benötigt, zumal mittlerweile auch Resistenzen gegen das letzte Reserve-Antibiotikum Colistin zunehmen.

Starker Anstieg in Entwicklungsländern

Kürzlich zeigte ein internationales Forschungsteam unter ETH-Federführung mittels einer neu erstellten Karte, wo der Handlungsbedarf gegen antibiotikaresistente Keime am grössten ist. Demnach sind diese vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern auf dem Vormarsch.

In Indien, China, Lateinamerika und Afrika steigt Fleisch-Konsum immens. Um die wachsende Nachfrage hier zu decken, wird die Tierzucht intensiviert – und das auch mittels hohem Einsatz von Antibiotika, wie die ETH Zürich berichtet.

Viele Bauern setzten die Medikamente hier nicht nur ein, um kranke Tiere zu behandeln, sondern auch um Infektionen vorzubeugen. Aufgrund von unsachgemässen und übermässigen Gebrauch der Medikamente wachse die Zahl resistenter Antibiotika rapide – mit weitreichenden Folgen für die Gesundheit von Tier und Mensch.

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