Rund 60 abgewiesene Asylsuchende haben die Nacht auf Dienstag in der Reitschule verbracht – aus Protest gegen die Rückkehrzentren.
Abgewiesene Asylsuchende protestieren in der Grossen Halle in Bern gegen ihre Lebensbedingungen in der Schweiz.
Abgewiesene Asylsuchende protestieren gegen Berner Rückkehrzentren
Rund 60 abgewiesene Asylsuchende haben die Nacht auf Dienstag in der Reitschule verbracht – aus Protest gegen die Rückkehrzentren.
Abgewiesene Asylsuchende protestieren in der Grossen Halle in Bern gegen ihre Lebensbedingungen in der Schweiz.
Rund 60 abgewiesene Asylsuchende haben die Nacht auf Dienstag nach eigenen Angaben in der Berner Reitschule verbracht. Sie protestierten damit gegen die neuen Rückkehrzentren des Kantons Bern. Diese seien «offene Gefängnisse am Rande der Gesellschaft».
Vor den Medien kritisierten die Mitglieder der Gruppe «Stopp Isolation» am Dienstag die Bedingungen in den Zentren in Bözingen, Gampelen und Aarwangen. «Wir werden dort isoliert», sagte ein Sprecher. Freiheitsbeschränkungen seien an der Tagesordnung, aber auch Arbeit ohne Entlöhnung und krankmachende Lebensbedingungen wie verstopfte Lavabos, defekte Toiletten und schmutzige Küchen.
Mit der Übernachtung in der Grossen Halle der Reitschule verstiessen die Protestierenden nicht per se gegen Vorschriften. Grundsätzlich gebe es keine Pflicht, sich im Rückkehrzentrum aufzuhalten, teilte die bernische Sicherheitsdirektion auf Anfrage mit.
Nur: Wer die Nothilfeleistungen nicht in Anspruch nehme, gelte als nicht bedürftig. Er könne in dem Fall von der Nothilfe ausgeschlossen werden.
Bedenken wegen Corona
Die Behörden äusserten im weiteren gesundheitliche Bedenken. «Sollten tatsächlich 60 Personen in der Reitschule übernachtet haben, sorgen wir uns sehr darum, wie wir die Corona-Massnahmen einhalten sollen, wenn diese Personen nun wieder in die Rückkehrzentren kommen wollen.» Sie stellten ein Risiko für alle anderen Bewohner und für das Personal dar.
Mit einem Umzug zum Staatssekretariat für Migration wollten die Protestierenden am Dienstagnachmittag die Öffentlichkeit auf sich aufmerksam machen. In einem offenen Brief an Bund und Kanton mit 124 Unterschriften richteten sie ein Reihe von Forderungen an die Behörden.
«Viele denken, wir sind Kriminelle, aber wir sind nicht zum Spass in der Schweiz», sagte der Sprecher der Gruppe vor den Medien. «Wir sind seit Jahren hier, einige schon seit Jahrzehnten.»
«Wir brauchen Respekt»
Die Rückkehr in die Heimat – unter anderem Eritrea – sei nicht möglich. «Wir brauchen Respekt und Gleichberechtigung im Zugang zu Arbeit, Wohnungen, Gesundheit und Bildung.»
Der Kanton Bern hat Kenntnis von den Forderungen, wie es bei der Sicherheitsdirektion hiess. «Wir nehmen dazu aktuell keine Stellung, da wir diese Woche eine Vertretung der Gruppe ,Stopp Isolation' zu einem Gespräch empfangen.» Dem direkten Austausch wolle man nicht vorgreifen.
Der Kanton Bern hat sein Asylwesen neu strukturiert; die insgesamt Rückkehrzentren sind Teil der Reform, die per 1. Juli umgesetzt wurde. Zurzeit leben in den insgesamt vier Rückkehrzentren gut 350 Menschen.
Die abgewiesenen Asylsuchenden erhalten die verfassungsrechtliche Nothilfe. Diese umfasst Unterkunft, Nahrung, Kleidung, Hygiene, obligatorische Krankenversicherung und für schulpflichtige Kinder den Zugang zur Volksschule.
Kein Recht auf Arbeit
Im Kanton Bern gibt es insgesamt rund 700 abgewiesene Asylsuchende. Ihr Asylgesuch habe den rechtsstaatlichen Prozess durchlaufen, betont der Kanton. «Sie haben die Pflicht, die Schweiz zu verlassen und können in der Zwischenzeit, sofern sie bedürftig sind, Nothilfe beziehen.» Ein Recht auf Arbeit hätten sie nicht.
Die Sicherheitsdirektion verweist darauf, dass die aktuell geltende Asylgesetzgebung des Bundes 2016 vom Volk mit einer Zweidrittels-Mehrheit angenommen worden sei. Wie und wo die Nothilfe ausgerichtet sei, habe der bernische Grosse Rat 2019 entschieden. Gegen diese Beschlüsse habe niemand das Referendum ergriffen.
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