Mit den beiden letzten Teilbänden zum Berner Jura und zum Seeland/Bipperamt schliesst die Denkmalpflege des Kantons Bern die Buchreihe «Bauernhäuser des Kantons Bern» ab. Sie wurde in enger Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde erstellt.
Zur Buchreihe gehören auch die Bände zum Berner Oberland und zum Berner Mittelland. Der Band Seeland und Bipperamt macht deutlich, welch gewaltige Errungenschaft die Juragewässerkorrektion für die Landschaft und die Landwirtschaft der Region darstellte. Ein Schwerpunkt des Bandes liegt auch bei den Rebbaugebieten am nördlichen Bielerseeufer.
Mit dem Band Berner Jura werden erstmals die bäuerlichen Bauten dieser Region systematisch und wissenschaftlich aufgearbeitet. Der Berner Jura weist eine Vielzahl unterschiedlichster Landschaften auf: breite Täler, enge Schluchten, Alpgebiete, Hochplateaus, naturbelassene Weiden und Weinberge.
Der bäuerliche Charakter des Gebiets blieb vielerorts aussergewöhnlich gut erhalten, wie die bernische Erziehungsdirektion in einer Mitteilung vom Mittwoch schreibt. Von den wichtigen architektonischen und kulturellen Zeugen reichen einige bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts zurück.
Wasserklosett für hohe Herren
Ein sehr spezielles Bauerngehöft beschreibt der Band Seeland/Bipperamt: den Scheurerhof in Gampelen. Auf kaum einem anderen Hof gingen über Generationen so viele Grossräte, Regierungsräte, National- und Ständeräte und sogar ein Bundesrat ein und aus.
Das Gut gelangte Mitte des 19. Jahrhunderts in den Besitz von Wilhelm Gottlieb Gyger, der von 1865 bis 1877 Mitglied des Grossen Rats war. Von der Familie Gyger kam der Hof 1881 in die Hände von Regierungsrat Alfred Scheurer. Dieser war seinerzeit jeweils im Wechsel auch Mitglied des National- und Ständerats.
Scheurer war an verschiedenen wichtigen Projekten im Seeland beteiligt, etwa an der Juragewässerkorrektion oder am Rückerwerb der Domäne von St. Johannsen. Auch für die Strafanstalt Witzwil engagierte sich Scheurer. Deren Ländereien wurden wie jene in Ins und St. Johannsen damals neu von Strafgefangenen bewirtschaftet.
«Mit der gleichen zielgerichteten Energie» baute Scheurer auch den Hof in Gampelen zu einem Musterbetrieb aus, wie Heinrich Christoph Affolter im Band Seeland/Bipperamt schreibt. Nach seinem Rücktritt aus der Berner Regierung wirkte Scheurer in Gampelen als Notar, Landwirt und Rebbauer.
1894 erteilte die Gemeinde Scheurer die Bewilligung für eine Wasserfassung oberhalb des Hofs. Somit konnte nun in den beiden zum Gut gehörenden Häusern fliesendes Wasser eingerichtet werden – ein beachtlicher Luxus in der damaligen Zeit. 1913 wurde ein WC-Häuschen gebaut, ebenfalls mit fliessendem Wasser.
Scheurers Sohn Karl war, wie sein Vater, politisch aktiv. Zunächst gehörte er dem Grossen Rat an und wurde dann, wie sein Vater, in den Regierungsrat und in den Nationalrat gewählt. 1919 wurde er in den Bundesrat gewählt. Karl Scheurer zog sich immer wieder gerne auf den Hof in Gampelen zurück. Er verfasste eine umfangreiche Familienchronik mit zahlreichen baulichen Angaben zum Scheurerhof und einer Darstellung der Wasserversorgung der beiden Häuser.
Teil eines nationalen Projekts
Die Bände «Die Bauernhäuser des Kantons Bern» werden von der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde herausgegeben und sind Teil der wissenschaftlichen Reihe «Die Bauernhäuser der Schweiz».
Eine lückenlose Dokumentation zu den Schweizer Bauernhäusern schwebte der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde in den 1940-er Jahren vor. Das mittlerweile gegen 80-jährige Forschungsprogramm ist generationenübergreifend.
Entstanden ist eine Art «kollektives Gedächtnis», wie Erziehungsdirektorin Christine Häsler im Vorwort schreibt. Gerade Bauernhäuser gäben auf subtile und diskrete Weise einen interessanten Einblick in das Leben und die Welt ihrer damaligen Bewohnerinnen und Bewohner.
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