Einbürgerungswillige Ausländer sollen in der Stadt Bern künftig auch ein französischsprachiges Verfahren durchlaufen können. Für Bern als Zentrum der Hauptstadtregion Schweiz und als Hauptstadt des zweisprachigen Kantons Bern sei es "erstrebenswert", ein Verfahren auch in der Sprache Molières anzubieten, findet die Stadtregierung.
Wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Botschaft des Berner Gemeinderats an den Stadtrat hervorgeht, ist die Stadtregierung bereit, dafür eine zweisprachige Person zusätzlich anzustellen. Auch rechnet der Berner Gemeinderat mit zusätzlichen Kosten für Übersetzungsdienste von anfänglich bis zu 96'000 Franken pro Jahr.
Die Einführung des französischsprachigen Einbürgerungsverfahrens geht einher mit einer Totalrevision des städtischen Einbürgerungsreglements. Diese Totalrevision hat der Berner Gemeinderat zuhanden des Stadtrats verabschiedet.
Im neuen Reglement will der Gemeinderat auch festschreiben, dass Ausländerinnen und Ausländer über gute mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse entweder in Deutsch oder in Französisch verfügen müssen.
Impuls durch neues kantonales Gesetz
Die sprachliche Offenheit der Stadt Bern im Einbürgerungsverfahren ist an sich nichts Neues: Schon im geltenden Einbürgerungsreglement von 2002 steht, dass sich Einbürgerungswillige "in einer der schweizerischen Amtssprachen" müssen verständigen können. Gemeint ist damit Deutsch, Französisch oder Italienisch.
Das bisherige kantonale Einbürgerungsgesetz verhinderte aber nach Angaben des Berner Gemeinderats bisher, dass diese grosszügige Regelung zur Anwendung kam: Einbürgerungswillige mussten zwingend Deutschkenntnisse nachweisen.
Anfang 2018 ist nun aber neben einer totalrevidierten Bürgerrechtsgesetzgebung auf Stufe Bund auch ein revidiertes kantonales Bürgerrechtsgesetz in Kraft getreten. Darin hat der bernische Grosse Rat eine Bestimmung verankert, welche den Gemeinden in sprachlichen Belangen mehr Spielraum gibt.
Es heisst neu, eine erfolgreiche Integration von Ausländern liege vor, wenn diese "über gute mündliche und schriftliche Kenntnisse der Amtssprache des Verwaltungskreises (. . .) verfügen". Die Gemeinden könnten durch Reglement entsprechende Kenntnisse der anderen Amtssprache zulassen.
Von dieser Neuerung will die Berner Stadtregierung nun profitieren. Wegen der Gesetzesrevisionen auf nationaler und kantonaler Ebene habe sie das Stadtberner Einbürgerungsreglement sowieso revidieren müssen, schreibt sie.
"Der Romandie nahe"
Der bernische Grosse Rat wollte mit der genannten Ausnahmeregelung vor allem entlang der Sprachgrenze mehr Souplesse beim Einbürgerungsverfahren schaffen. Das geht aus dem Protokoll des Grossen Rats, dem sogenannten Tagblatt, hervor.
Wieso will nun auch die Stadt Bern von dieser neuen Ausnahmebestimmung profitieren, sie, die zum einsprachigen Verwaltungskreis Bern-Mittelland gehört und nicht unmittelbar an der Sprachgrenze liegt?
Dazu sagte die Sicherheits-, Umwelt- und Energiedirektion der Stadt Bern auf Anfrage, der Berner Gemeinderat sei der Ansicht, dass im Sinn der schweizerischen Sprachenvielfalt in Bern auch Französisch als Einbürgerungsvoraussetzung zuzulassen sie. Die Stadt Bern liege der Romandie nahe. Die Kantons- und Bundesverwaltung befänden sich in Bern. Die Zweisprachigkeit werde hier gepflegt.
Berns Gemeinderat verweist auch auf eine von der SP-/JUSO-Fraktion im Stadtrat eingereichte Motion. Sie trägt den Titel "Bei Einbürgerungen in der Stadt Bern auch die zweite Amtssprache anerkennen". Diese Motion unterstützt der Gemeinderat, doch hat sie der Stadtrat noch nicht behandelt.
Zurück zur Startseite