Das Budget der Stadt Bern hat geteilte Reaktionen ausgelöst. Die bürgerlichen Parteien sehen sich in ihrer Einschätzung bestätigt, dass Bern finanzpolitisch auf dem Holzweg sei. Rotgrün spricht von notwendigen Wachstumskosten und freut sich über steigende Steuereinnahmen.
Mit dem tiefroten Budget verkenne der Gemeinderat die Zeichen der Zeit, teilte die FDP/JF-Stadtratsfraktion am Donnerstag mit. Das Budget 2023 sei in der rot-grün dominierten Stadt mit nur 55,8 Prozent Ja-Stimmen angenommen worden. Wer gehofft habe, dass der Gemeinderat dies zum Anlass für eine Korrektur seiner verfehlten Finanzpolitik nehme, sehe sich eines Besseren belehrt.
Die Freisinnigen kritisieren unter anderem den Ausbau der Verwaltung, der in diesem Ausmass nicht nachvollziehbar sei. Der Schuldenberg drohe bis Ende 2024 auf 1,4 Milliarden Franken anzuwachsen. Der Gemeinderat verfehle seine finanzpolitischen Ziele erneut deutlich, seine Finanzstrategie sei «für die Mülltonne».
Harte Stadtratsdebatte in Sicht
Auch aus Sicht der SVP hat die Stadt ein Ausgabenproblem. Die immer reichlicher fliessenden Steuererträge würden immer noch mit vollen Händen ausgegeben.
Die Partei will das Budget im Stadtrat zurückweisen. Vom Gemeinderat verlangt sie eine konkrete Verzichtsplanung und die Priorisierung der Aufgaben. «Eine moderate Steuersenkung sollte dabei noch drin liegen», schreibt die SVP.
Unzufrieden sind auch die Grünliberalen. Trotz angespannter Finanzlage wolle der Gemeinderat nicht auf einen Leistungsausbau verzichten. Zugleich verschiebe er dringend nötige Entlastungsmassnahmen. Er nehme eine weiter wachsende Verschuldung in Kauf oder steure sogar auf eine Steuererhöhung zu.
«Kosten des Wachstums»
Ganz anders sieht es das rot-grüne Lager. Die SP spricht von notwendigen Mehrausgaben für eine wachsende Stadt. Bern sei ein beliebter Zuzugsort für Familien, das widerspiegle sich auch in den steigenden Schülerzahlen. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, müsse die Stadt investieren.
Das Defizit sei vertretbar, wenn man den hohen Investitionsbedarf berücksichtige und die positiven Rechnungsabschlüsse der vergangenen Jahre vor Augen führe, schreibt die Partei von Finanzdirektor Michael Aebersold.
Das Grüne Bündnis streicht die positive Entwicklung der Steuereinnahmen hervor. Die Stadtfinanzen seien stabil. Bern müsse nun zukunftsgerichtet agieren – und das bedeute Investitionen in einen ernsthaften Klimaschutz und in den Ausbau der sozialen Infrastruktur.