Wegen des Fernunterrichts ändern bei den Schullaufbahnentscheiden in den Berner Volksschulen bis Ende Schuljahr teilweise die Kompetenzen. Statt dass die Schulleitungen entscheiden, ob beispielsweise ein Primarschüler am Ende der zweiten Klasse in die dritte aufsteigt, erhalten neu die Eltern das letzte Wort.
Wie die bernische Bildungs- und Kulturdirektion am Freitag mitteilte, müssen die Schullaufbahnentscheide «grundsätzlich im Einvernehmen mit den Eltern getroffen werden».
Dieser Satz im Pressecommuniqué bedeute, dass bei fehlendem Einvernehmen die Eltern entscheiden, ob eine Schülerin oder ein Schüler ins nächste Schuljahr übertritt oder es wiederholt. Das gab am Freitag auf Anfrage Erwin Sommer bekannt, der Leiter des Amts für Kindergarten, Volksschule und Beratung.
Das letzte Wort bei diesen Übertritten haben die Eltern am Ende des 2., 3., 4. und 5. Primarschuljahrs. Bei dem für viele Schüler so wichtigen Übertritt vom 6. Primarschuljahr in die Sekundarstufe I ändert sich hingegen im deutschsprachigen Kantonsteil nichts: Dort sind die Schullaufbahnentscheide bereits getroffen worden.
Im französischsprachigen Kantonsteil kommt der in diesem Frühling getroffene Entscheid zum Tragen, sofern die Eltern damit einverstanden sind. Ist dies nicht der Fall, entscheiden ebenfalls die Eltern.
Wie Sommer weiter sagt, werden auf Sekundarstufe I die Schullaufbahnentscheide am Ende des Schuljahrs im Einvernehmen mit den Eltern getroffen. Ist kein Einvernehmen möglich, entscheiden die Eltern, ob die Schüler ins nächste Schuljahr übertreten oder das Schuljahr wiederholen. In beiden Fällen bleiben die Niveaus pro Niveaufach und der Schultyp die bisherigen.
All dies steht in einer neuen Direktionsverordnung, welche am 1. Mai in Kraft tritt und bis zum Ende des laufenden Schuljahrs gilt.
Vor-Coronazeit-Leistungen gelten
Die kantonale Bildungs- und Kulturdirektion wiederholte in ihrer Mitteilung vom Freitag zudem Aussagen von Anfang April zu den Beurteilungsberichten. Wegen des längeren Ausfalls des Präsenzunterrichts zählen an der Volksschule für diese Berichte vor allem jene Leistungen, welche die Schüler vor der Schulschliessung erbrachten.
«Den Schülerinnen und Schülern sollen durch die Einschränkungen der ausserordentlichen Lage für ihren weiteren Bildungsweg keine Nachteile entstehen», steht dazu im Communiqué.
Wenn der Präsenzunterricht wieder stattfindet, werden nur diejenigen Kompetenzen beurteilt, die seit der Wiederaufnahme des Schulbetriebs während genügend langer Zeit aufgebaut, vertieft und geübt werden konnten. Diese Beurteilungen fliessen nur dann in die Gesamtbeurteilung ein, wenn sich die Schüler dadurch verbessern.
Ein besonderes Gewicht habe die prognostische Beurteilung, welche eine Einschätzung für die weitere Schullaufbahn vornehme, heisst es weiter.
Chancengleichheit gefährdet
Die kantonale Bildungsdirektorin Christine Häsler sagte auf Anfrage, in der Zeit des Fernunterrichts sei die Chancengleichheit bei den Schülern des Kantons Bern noch etwas weniger gegeben als in normalen Zeiten. Deshalb dürften den Schülern im Fernunterricht nun keine Nachteile erwachsen.
Es komme beispielsweise darauf an, ob ein Schüler zu Hause, im Fernunterricht, Unterstützung durch Eltern erhalte oder nicht.
Sehr wohl möglich sei es für Lehrpersonen, bei der Beurteilung von Schlüsselkompetenzen der Schüler deren Verhalten während des Fernunterrichts zu berücksichtigen – aber nur zum Vorteil der Schüler, nicht zum Nachteil. Die Beurteilung von Schlüsselkompetenzen ist ein Bestandteil der Beurteilungsberichte.
Zurück zur Startseite