Die Berner Gemeinderätin Ursula Wyss wird 2020 nicht mehr zu den Wahlen für die Berner Stadtregierung antreten. Das hat ihre Partei, die SP, am Mittwochmorgen bekanntgegeben.
Wyss begründete ihren Rücktritt in einem am gleichen Tag in der "Berner Zeitung" erschienenen Interview mit der Aussage, acht Jahre in einem Exekutivamt seien genug. Wenn man länger bleibe, laufe man Gefahr, das eigene Erbe zu verwalten. Sie habe auch keine Lust mehr auf einen weiteren Wahlkampf. Was sie ab 2021 mache, sei offen.
Die langjährige Nationalrätin war 2012 mit dem besten Resultat aller Kandidierenden in die Berner Stadtregierung gewählt worden. Bei den letzten Wahlen von 2016 wurde sie zwar problemlos im Amt bestätigt. Sie unterlag aber in der Stadtpräsidiumswahl dem heutigen Berner Stadtpräsidenten Alec von Graffenried (Grüne Freie Liste) klar.
Dennoch kommt ihre Rücktrittsankündigung eher überraschend, denn Wyss hat in letzter Zeit Erfolge gefeiert im Bestreben, den öffentlichen Verkehr zu fördern, den öffentlichen Raum aufzuwerten und die Stadt lebendiger zu machen.
2016 in schwieriger Situation
Wyss befand sich anlässlich der Gemeindewahlen von 2016 in einer schwierigen Situation, weil die SP klar die stärkste Partei ist in Bern und Wyss vom ehemaligen Berner Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät (SP) schon als seine Nachfolgerin bezeichnet worden war. Bei den Wahlen für die Stadtregierung machten aber von Graffenried und Franziska Teuscher vom Grünen Bündnis das bessere Resultat als Wyss.
Wyss musste sich deshalb entscheiden, ob sie einige Wochen nach dieser Wahl zur Stichwahl fürs Stadtpräsidium antreten wollte oder nicht und tat dies. Das gefiel nicht allen.
Wyss ist Vorsteherin der Stadtberner Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün. Die 1973 geborene Wyss sass von 1999 bis 2013 im Nationalrat und leitete sechs Jahre lang die SP-Bundeshausfraktion. Der Berner Gemeinderat besteht aus fünf Personen. Nebst Ursula Wyss, Franziska Teuscher und Alec von Graffenried gehören ihr auch Michael Aebersold (SP) und Reto Nause von der CVP an.
SP will wieder eine Frau
Die SP der Stadt Bern wird mit Blick auf die nächsten Stadtberner Wahlen einen Findungsausschuss einsetzen, Sie will Wyss mit einer Frau ersetzen, wie aus ihrer Mitteilung hervorgeht. SP-Copräsidentin Edith Siegenthaler sagte auf Anfrage, Finanzdirektor Michael Aebersold trete erneut an.
Wyss' Partei bedauert laut der Mitteilung den Rücktritt der Gemeinderätin. Diese habe "enorm viel erreicht und bewegt", beispielsweise mit der Velooffensive, mit dem Ja des Volks zum Tram nach Ostermundigen und der Erweiterung der Grüngut-Sammlung. Eine "kluge, engagierte und mutige Politikerin" trete ab.
Ursula Wyss selber schrieb am Mittwoch in einer Twitter-Kurzmitteilung, bis zu ihrem Abgang Ende 2020 gebe es noch viel zu tun, beispielsweise mit dem Bau des Trams nach Ostermundigen und der Velooffensive. Sie freue sich darauf. Danach werde sie neue Herausforderungen suchen.
Teuscher tritt wieder an
Berns Bildungs-, Sozial- und Sportdirektorin Franziska Teuscher sagte am Mittwoch auf Anfrage, sie werde 2020 wieder zu den Wahlen antreten. Sie habe viele Projekte aufgegleist und wolle diese auch realisieren.
Sicherheits-, Umwelt- und Energiedirektor Reto Nause sagte, er fühle sich "voll im Saft", sei hochmotiviert und habe Freude am Amt. Die Frage, ob das heisse, dass er wieder antrete, liess Nause allerdings offen.
Stadtpräsident Alec von Graffenried erklärte, dass es für eine Stellungnahme derzeit noch zu früh sei. Allerdings habe er immer gesagt, dass er nicht nur vier Jahre Stadtpräsident bleiben wolle. Von Graffenried ist seit Anfang 2017 im Amt.
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