In der Frühlingssession legt der bernische Grosse Rat fest, wie hoch die Neubewertung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke im Kanton Bern ausfallen soll. Die Berner Regierung strebt nach wie vor einen Ziel-Medianwert von 77 Prozent an.
Wie sie am Donnerstag mitteilte, befürchtet sie gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass ein Ziel-Medianwert von 70 Prozent nicht verfassungskonform wäre. Dies, weil damit Grundstücke gegenüber beweglichem Vermögen steuerlich zu stark bevorzugt würden.
Ein Median ist ein Mittelwert für Verteilung in der Statistik. Er bedeutet, dass die Hälfte der Fälle unter respektive über einer bestimmten Zahl liegt. Beim Median handelt es sich also nicht um den Durchschnittswert.
Bundesgericht pfiff Bern zurück
Die Berner Regierung hatte bereits 2014 eine allgemeine Neubewertung der Grundstücke vorgeschlagen. Seit der letzten Neubewertung im Jahr 1999 hätten sich die Verkehrs- und Ertragswerte der Gebäude erheblich verändert, argumentierte sie. 2017 entschied der Grosse Rat, der Ziel-Medianwert solle 70 Prozent betragen.
Das Bundesgericht hiess aber im Jahr 2019 eine Beschwerde einer Privatperson gegen dieses Dekret gut. Es verstosse gegen das Prinzip der Gewaltentrennung. Der Grosse Rat hätte lediglich Zeitpunkt und Bemessungsperiode per Dekret festlegen dürfen, nicht aber einen Zielwert.
Inzwischen hat der Grosse Rat einen Artikel des Steuergesetzes angepasst. Damit ist laut der Mitteilung des Regierungsrats vom Donnerstag die geforderte gesetzliche Grundlage geschaffen, um den Zielwert festlegen zu können.
Die Mehrheit der grossrätlichen Finanzkommission will weiterhin einen Ziel-Medianwert von 70 Prozent, weil sich der Rat schon 2017 für diesen Wert ausgesprochen habe. Die Erhöhung des amtlichen Wertes werde auch mit 70 Prozent beachtlich ausfallen und der Kanton Bern liege damit im interkantonalen Vergleich im Mittelfeld.
Ausserdem gelte es bei der Festsetzung des amtlichen Wertes, auch die Belastung durch die kommunale Liegenschaftssteuer zu berücksichtigen, was generell für den tieferen Wert spreche.
Eine Minderheit in der Kommission findet laut einer Mitteilung von Mitte Januar, es sei eine Frage der Fairness und der Steuergerechtigkeit zwischen Mietern und den Liegenschaftsbesitzern, den Wert auf 77 Prozent festzulegen. Die Besitzer von Liegenschaften seien in vielerlei Hinsicht steuerlich bevorteilt.
Die fraglichen 70 oder 77 Prozent bezeichnen den amtlichen Wert in Prozenten des Verkehrswerts einer Liegenschaft. Bei der Besteuerung von Liegenschaften ist laut der regierungsrätlichen Mitteilung der Verkehrswert entscheidend.
Mehr Steuern für Kanton und Gemeinden
Der bevorstehende Grossratsentscheid hat nicht nur Auswirkungen auf Hausbesitzer. Beim Kanton und den Gemeinden erhöhen sich die Steuereinnahmen.
Laut neusten Schätzungen steigen die Vermögenssteuer-Einnahmen des Kantons Bern bei einer Festsetzung des Ziel-Medianwerts von 70 Prozent um 45 Mio. Franken und diejenigen der Gemeinden um 23 Mio. Franken. Die Gemeinden erhalten zudem total 56 Mio. Franken mehr Liegenschaftssteuern.
Wird der Ziel-Medianwert auf 77 Prozent erhöht, resultieren um zirka einen Drittel höhere Mehreinnahmen.
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