Die neuen Aufgaben im Asylbereich könnten die Stadt Bern teuer zu stehen kommen. Zähneknirschend hat der Stadtrat am Donnerstag eine Defizitgarantie von 3,36 Millionen Franken gesprochen.
Das Geld wird gebraucht, wenn die Asylsuchenden die vom Kanton Bern festgelegten Integrationsziele nicht erreichen und der Kanton deshalb die Kosten für die Integrationsförderung nur teilweise vergütet.
Der Gemeinderat hofft aber, den Asylbereich kostendeckend führen zu können. Der Kredit wurde mit 54 zu 20 Stimmen genehmigt. Einstimmig beschloss der Rat zudem, dass die vorberatende Kommission im Herbst 2021 über den Stand der Dinge informiert werden soll. Je nachdem könne man dann über eine Kündigung der Verträge diskutieren.
Im neuen bernischen Asylwesen arbeitet der Kanton bekanntlich ab Juli mit nur noch fünf regionalen Partnern. Für die Region Bern erhielt die Stadt Bern den Zuschlag. Sie kümmert sich in Bern und sechs umliegenden Gemeinden um vorläufig Aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge.
Von den Kosten für die Integrationsförderung übernimmt der Kanton pauschal nur 40 Prozent. Die restlichen 60 Prozent zahlt er später nur dann, wenn die Integration hinsichtlich Sprachfähigkeiten, Erwerbstätigkeit und finanzieller Unabhängigkeit nachweislich gelungen ist.
Ansonsten bleibt die Stadt auf einen Teil ihrer Kosten sitzen. Im schlechtesten Fall macht sie einen Verlust von rund 400'000 Franken pro Jahr beziehungsweise 3,36 Millionen Franken bis 2028.
«Dumping-Offerte»
Mehrere Fraktionen taten sich schwer mit dem Geschäft. Die Stadt Bern habe sich den Auftrag unbedingt sichern wollen und habe deshalb eine Dumping-Offerte eingereicht, argwöhnten mehrere Sprecher. Mitbewerber, welche nicht auf Steuergelder zählen könnten, hätten das Nachsehen gehabt.
Sauer stiess im Rat zudem auf, dass die Stadt auch das finanzielle Risiko für die sechs weiteren Gemeinden übernehme. Verfehle man die Integrationsziele, zahle man die Zeche auch für Bremgarten, Kirchlindach, Köniz, Muri, Ostermundigen und Zollikofen.
Dass die Ziele erreicht werden könnten, lasse sich sowieso nur bedingt steuern. Der Kanton habe die Hürden sehr hoch gesetzt.
Mit den Stimmen von Mitte-Links kam die Vorlage dann doch durch. Die Ratsmehrheit war der Meinung, man solle das Risiko eingehen. Nehme die Stadt den Auftrag nicht wahr, drohe er bei der privaten, gewinnorientierten ORS zu landen – und das sei keine gute Alternative.
Auch ein Plus ist möglich
Sozialdirektorin Franziska Teuscher (Grünes Bündnis) wies darauf hin, dass auch die anderen regionalen Partner eine Vorfinanzierung leisten müssten. Ohne Defizitgarantie sei die Stadt Bern ausserstande, den Vertrag einzuhalten und die zusätzlichen Aufgaben in einem ihr bereits bekannten Bereich wahrzunehmen.
Von einem Dumping-Angebot könne im übrigen keine Rede sein, betonte Teuscher. Der Gemeinderat gehe selber vom «best case» aus, und in diesem bestmöglichen Fall werde es keinen Verlust, sondern ein leichtes Plus geben. Dieses Geld wolle man dann wiederum für die betroffenen Menschen einsetzen.
Beim ganzen Auftrag gehe es um ein mögliches Volumen von 40 bis 50 Millionen Franken jährlich, fügte Teuscher an. Dabei falle der grösste Kostenanteil für Sozialhilfe, Unterbringung und Fallführung an. Für die mit finanziellen Risiken behaftete Integrationsförderung seien bloss etwa 2,5 Millionen Franken jährlich veranschlagt.
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