BernEinführung der Feuerwehr-Dienstpflicht in Bern erneut gescheitert
zc, sda
30.3.2023 - 18:00
In der Stadt Bern ist die Einführung der Feuerwehr-Dienstpflicht erneut gescheitert. Der Stadtrat hat die Totalrevision des Feuerwehrreglements am Donnerstag einstimmig beerdigt.
Keystone-SDA, zc, sda
30.03.2023, 18:00
30.03.2023, 18:42
SDA
Er verzichtete auf die zweite Lesung und beschloss stattdessen nach einem erfolgreichen Rückkommensantrag mit 69 zu 0 Stimmen, gar nicht auf die Vorlage einzutreten. Damit bescherte das Parlament der Stadtregierung eine Niederlage von historischem Ausmass.
Das nahm auch der zuständige Gemeinderat Reto Nause (Mitte) so wahr. Dass eine Vorlage der Stadtregierung einstimmig bachab geschickt wurde, habe er in seiner langen Amtszeit noch nie erlebt, sagte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Nause wehrte sich gegen den im Parlament geäusserten Vorwurf, er habe die Vorlage lustlos erarbeitet. Im Gegenteil habe er auf mehrfaches Geheiss des Stadtrats eine seriöse Reglementsrevision vorgelegt. Doch nach der ersten Lesung sei die Stimmung komplett gekippt.
Unheilige Allianz
Im vergangenen Oktober waren nur SVP-, FDP/JF- und Mitte-Fraktion bereits grundsätzlich gegen die Vorlage. Damals blieben sie mit ihrem Nichteintretensantrag knapp in der Minderheit. Nun stimmten auch alle anderen Fraktionen geschlossen gegen das Geschäft. Nause sprach von einer «unheiligen Allianz».
Mit der Revision wollte der Gemeinderat rund 43'000 Bernerinnen und Berner dazu verpflichten, entweder Feuerwehrdienst oder eine Ersatzabgabe zu leisten. Die Stadtregierung erhoffte sich dadurch Einnahmen von über sechs Millionen Franken pro Jahr.
«Raubzug aufs Portemonnaie»
Kritik kam aus allen politischen Lagern. So warf SVP-Sprecher Alexander Feuz dem Gemeinderat vor, er plane einen Raubzug aufs Portemonnaie der Bürger. Schliesslich verfüge die Stadt Bern über eine Berufsfeuerwehr. Zwar gebe es auch eine Milizfeuerwehr, doch diese hätte gar nicht Platz für alle Dienstpflichtigen.
Mitte-Sprecher Lionel Gaudy warnte vor einer «asozialen und komplexen Steuer», mit der man auch noch ein Bürokratiemonster schaffe. Alleine der administrative Aufwand würde mindestens eine Viertelmillion Franken verschlingen. Simone Richner (FDP) bezeichnete die Vorlage als unnötig, zumal die Stadt gar kein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem habe.
«Unsozial»
Die Vorlage sei ein Rohrkrepierer, sagte SP/Juso-Sprecher Dominic Nellen. Es handle sich um eine unsoziale Abgabe, die nur diejenigen treffe, die zwischen 19 und 52 Jahre alt seien und sich nicht dispensieren lassen könnten.
Die GB/JA-Fraktion wechselte ins Lager der dezidierten Gegner, weil es nicht gelungen sei, die Vorlage sozialverträglich auszugestalten. Personen am Existenzlimit würden zusätzlich belastet, sagte Fraktionssprecherin Anna Leissing. Auch würden Paare bevorteilt gegenüber Alleinstehenden.
Marcel Wüthrich erinnerte namens der GFL/EVP-Fraktion auch an den diese Woche präsentierten Überschuss in der Rechnung 2022. Ohne Feuerwehr-Dienstpflicht entgingen der Stadt zwar Mehreinnahmen, doch das werde sie nicht in den Ruin treiben. Der Minimalbestand der Milizfeuerwehr könne auch ohne Pflicht gesichert werden.
Die Feuerwehr-Ersatzabgabe ist ein Wiedergänger der Stadtberner Politik. Seit den 1970er-Jahren ist sie immer wieder aufs Tapet gekommen, zuletzt 1999. Damals lehnte sie das Volk deutlich ab.
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