Die erste «Classe bilingue de la Ville de Berne» ist gut gestartet. Zu diesem Schluss kommt die Stadtberner Bildungsdirektorin Franziska Teuscher, wie sie am Donnerstag vor den Medien erklärte.
Die «Classe bilingue» nahm letzten Sommer in einem Pavillon des Schulhauses Marzili ihren Betrieb auf. 24 Kinder des ersten und zweiten Kindergartenjahrs werden parallel in deutscher und französischer Sprache unterrichtet. Untereinander sprechen sie mal Deutsch, mal französisch – wie es gerade passt oder welche Wörter und Wendungen ihnen zuerst durch den Kopf gehen.
«Ich freue mich sehr, haben die Kinder der ,Classe bilingue' nicht nur die Chance, in jungen Jahren eine erste Fremdsprache zu lernen, sondern auch die dazugehörige Kultur kennenzulernen», sagte Teuscher vor den Medien.
Die Kinder kommen aus verschiedenen Quartieren der Stadt und werden von den Eltern per Velo oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule begleitet. Die Bedenken, dass sich vermehrt Elterntaxis etablieren könnten, erwiesen sich laut Angaben der Stadt als unbegründet.
Das Interesse am Schulversuch war bei Bekanntgabe des Angebots 2018 sehr gross. Auch beim Anmeldeverfahren für das Schuljahr 2020/21 zeichnet sich mit 86 angemeldeten Kindern ein reges Interesse ab, wenn es auch etwas geringer ist als bei der ersten Ausschreibung. Damals wurden 115 Kinder angemeldet.
Ein Drittel der Schülerinnen und Schüler spricht zu Hause vorwiegend Deutsch, ein Drittel vorwiegend Französisch und bei einem Drittel der Kinder wird zu Hause sowohl Deutsch als auch Französisch gesprochen. Der Unterricht basiert auf einer Kombination des deutschsprachigen Lehrplans 21 mit dem Plan d'études romand.
Hin- und herwechseln wird banal
Medienschaffende hatten am Donnerstag Gelegenheit, mit den 24 Kindern der «Classe bilingue» zu sprechen. Ganz aufgeregt erwarteten dieser vor dem Pavillon die Kameraleute und Reporter. Der sechseinhalbjährige Gaspar sagte, sein Vater sei deutscher Muttersprache und seine Mutter spreche Französisch.
Er verwende zu Hause also beide Sprachen. Auch im Kindergarten benütze er beide Sprachen – je nach Lehrerin, welche gerade anwesend sei. Eine Lehrerin ist französischer, die andere deutscher Muttersprache. Mit den Kindern spreche er im Allgemeinen Deutsch, so Gaspar weiter – ausser mit jenen, welche nicht Deutsch sprächen.
Als Gaspar auf die Bitte des Journalisten den französischsprachigen Timothée zu sich rief, sagte dieser allerdings, ihm sei es egal, ob auf Deutsch oder Französisch unterrichtet werde – die Zweisprachigkeit im Unterricht hat also offenbar schon gefruchtet.
Zuvor, im Rahmen der Medienkonferenz, hatte Projektbegleiterin Jésabel Robin von der Pädagogischen Hochschule Bern gesagt, die Zweisprachigkeit werde für die Kinder mit der Zeit schlicht banal. Zweisprachige Unterrichtsformen gebe es seit 40 Jahren, etwa in Kanada. Sie seien gut etabliert. Kinder würden nicht überfordert.
Keine Ausweitung auf andere Quartiere
Die auf Deutsch unterrichtende Lehrerin Dominique Im Hof sagte vor den Medienschaffenden, nach einem halben Jahr «Classe bilingue» seien noch nicht alle Kinder zweisprachig, aber fast alle. Es gebe keine französischsprachigen Kinder, welche kein Deutsch verstünden.
Im privaten Rahmen höre sie oft, dass sich Eltern für das neue Angebot interessierten. Doch sei es für viele Eltern schwierig, Tag für Tag die Kinder ins Marziliquartier zu bringen.
Die Stadt Bern wird aber derzeit keine weiteren zweisprachigen Klassen eröffnen. «Uns ist wichtig, dass das Interesse aus einem Schulkreis selber kommt und nicht von der Verwaltung initiiert wird», sagte Gemeinderätin Teuscher. Derzeit gebe es aus keinem weiteren Schulkreis ein solches Interesse.
Nach dem Start auf der Basistufe wird die bilingue Klasse Berns aber weitergeführt – bis mindestens zum sechsten Schuljahr der Primarstufe. Mit dem neuen Angebot setze die Stadt Bern auch ein politisches Signal, so Teuscher. Bern als Bundesstadt wolle einen Beitrag zur Annäherung der beiden wichtigsten Schweizer Sprachregionen leisten.
Der Verein BERNbilingue forderte in einer Mitteilung, angesichts des grossen Interesses von Eltern an der zweisprachigen Berner Klasse seien solche Angebote auch ausserhalb der Stadt Bern aufzubauen.
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