Ein Geschäftsreiseflugzeug und einmotoriges Kleinflugzeug sind sich beim Anflug auf den Flugplatz Grenchen SO im Mai 2018 gefährlich nahe gekommen. Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungstelle (Sust) kritisiert vor allem den Piloten des Geschäftsreiseflugzeugs.
Zum schweren Vorfall kam es am 1. Mai 2018 um 17.05 Uhr, wie aus dem am Montag publizierten Schlussbericht der Sust hervorgeht. Das Geschäftsreiseflugzeug des Herstellers Embraer war vom Flughafen Belfast (Irland) gestartet und befand sich im Anflug auf den Flugplatz Grenchen.
Das einmotorige Leichtflugzeug war vom Flugplatz Wangen-Lachen SZ gestartet und wollte ebenfalls in Grenchen landen. Zuerst meldete sich der heute 67-jährige Schweizer Pilot des Geschäftsreiseflugzeugs bei der Platzverkehrsleitstelle Grenchen für den Direktanflug an. Rund eine Minute später kündigte sich der 25-jährige Schweizer Pilot des Kleinflugzeugs an.
Der Jetpilot plante, auf der Piste 24 zu landen – allerdings nicht wie üblich von Süden her. In Betrieb war eigentlich die Piste 6. Das hätte dem Piloten gemäss Sust klar sein müssen.
Den Anflug dennoch auf die Piste 24 fortzusetzen, war risikoreich, da mit Gegenverkehr zu rechnen war. Die hohe Geschwindigkeit, mit der sich das Geschäftsflugzeug im Direktanflug aus Osten näherte, «war nicht zweckmässig, da sie eine effektive Luftraumüberwachung erschwerte», heisst es im Schlussbericht weiter.
Abstand von 152 Metern
Den nicht stabilisierten Anflug abzubrechen und einen Durchstart einzuleiten, war im Lichte der möglichen Gefahr, aufgrund der hohen Anfluggeschwindigkeit möglicherweise das Pistenende zu überrollen, der richtige Entscheid, wie die Sust im Bericht festhält.
Dies habe jedoch zwangsläufig zur gefährlichen Annäherung an das Kleinflugzeug geführt. Das Geschäftsreiseflugzeug überflog diese Maschine im Steigflug um nur rund 152 Meter. Der eingeleitete Durchstart sei nicht auf der Frequenz angekündigt worden.
Lob für Platzverkehrsleiter
Durch das umsichtige Vorgehen des Platzverkehrsleiters und des Piloten des Kleinflugzeugs habe die gefährliche Annäherung entschärft werden können.
Das Handeln und die Entscheide der Besatzung der Geschäftsflugzeugs waren «risikoreich und zeugen von einem geringen Situationsbewusstsein», steht im Schlussbericht. Erst die Intervention des Platzverkehrsleiters habe die Besatzung von ihrem Vorhaben abbringen können, einen zweiten Anflug auf die Piste 24 durchzuführen.
Sein Handeln sei umsichtig gewesen, indem er zielführende Informationen und Hinweise an die beteiligten Flugzeuge gegeben habe, um die konfliktträchtige Situation zu entschärfen.
Gefährliche Annäherungen häufen sich
Diese gefährliche Annäherung zeigt gemäss Sust exemplarisch, dass die Anzahl der gemeldeten Zwischenfälle betreffend gefährliche Annäherungen zwischen Luftfahrzeugen im Platzverkehr um den Flugplatz Grenchen seit der Einführung der «Radio Mandatory Zone» (RMZ) massiv zugenommen hat. Die RMZ ist ein Luftraum, in dem Sprechfunk vorgeschrieben ist.
Das vorliegende Konzept des Flugplatzes berge insbesondere beim Wechsel der Betriebsform «umfassende Risiken», weshalb die Dringlichkeit einer gründlichen Überarbeitung gegeben sei, schreibt die Sust.
Nach einer Laufzeit von zwei Jahren beendete das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) das Pilotprojekt «Instrumentenanflug (IFR) ohne Flugverkehrskontrolldienst» auf dem Flugplatz Grenchen zeitweilig auf Ende März. Die permanente RMZ mit IFR-Verkehr im Luftraum ist gemäss Sust ab März 2020 vorgesehen, sofern die Validierung erfolgreich verlaufen ist.
Wie aus dem Bericht hervorgeht, kam es im vergangenen Jahr im Rahmen des Projekts zu weiteren ähnlichen Vorfällen. Für den Zeitraum von April bis August wurden neun Fälle gezählt. So landeten mehrere Flugzeuge auf der Piste, die vom vorausfliegenden Flugzeug noch nicht freigegeben war. Und ein Pilot landete ohne Freigabe auf der Graspiste.
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