«Arbeit lohnt sich teilweise nicht mehr», sagt ein überparteiliches Komitee, das im Kanton Bern die vom Regierungsrat und vom Grossen Rat aufgegleiste Sozialhilfegesetz-Revision unterstützt. Für das Komitee korrigiert die Vorlage «das aktuelle Ungleichgewicht» zwischen Sozialhilfe und Erwerbstätigkeit.
Es hat am Donnerstag in Bern seine Argumente für ein Ja zur Vorlage präsentiert, über welche das Bernervolk am 19. Mai abstimmt. Und schreibt in einer Mitteilung, Sozialhilfe dürfe nicht zu einer Alternative zum Erwerbseinkommen werden, zu einer Art bedingungslosem Grundeinkommen.
Sozialhilfe müsse eine vorübergehende Hilfe zur Überbrückung einer Notsituation sein. Wer Sozialhilfe beziehe, lebe zuweilen auf einem höheren Lebensstandard als Menschen mit einem tiefen Einkommen.
Sozialhilfebezüger könnten zudem bei ausserordentlichen Situationen ihre finanzielle Situation durch sogenannte situationsbedingten Leistungen (SIL) abfedern. Das ist ein Teil der Sozialhilfe.
Wirtschaftlich Unabhängige könnten das nicht. Arbeitnehmer trügen Risiken wie zum Beispiel Kosten für Zahnbehandlungen und die Auslagen für die Steuern selber.
Als «völlig überrissen und ungerecht» bezeichnet das Komitee mit dem Namen «Damit sich Arbeit lohnt» den Volksvorschlag, den links-grüne Parteien und Organisationen zustande gebracht haben. Er wird der grossrätlichen und regierungsrätlichen Vorlage gegenübergestellt.
Dieser Volksvorschlag führe zu Mehrkosten im zweistelligen Millionenbereich. Die geplanten Ergänzungsleistungen für Personen ab 55 Jahren kämen einer Rente gleich und verhinderten Integration. Das Co-Präsidium des Komitees bilden elf Kantons- oder Lokalpolitiker aus SVP, BDP, FDP und EDU, wie der Internetseite des Komitees zu entnehmen ist.
SKOS-Vorgaben stehen auf dem Spiel
Der Ausgang der Abstimmung von Mitte Mai wird in der ganzen Schweiz auf Interesse stossen. Dies, weil der Kanton Bern bei einem Ja zum revidierten Sozialhilfegesetz beim Grundbedarf unter die Ansätze der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) gehen würde.
Grosser Rat und Regierung wollen den Grundbedarf generell um maximal acht Prozent kürzen. Für jene Sozialhilfebezüger, welche sechs Monate nach Beginn der Unterstützung weder eine Ausbildung absolvieren noch einer Erwerbstätigkeit nachgehen, soll die Reduktion bis zu 30 Prozent ausmachen.
Es gelte, für Sozialhilfebezüger Anreize zu schaffen, sich stärker für eine Integration in den Arbeitsmarkt zu bemühen, sagen die Befürworter der Revision. Nothilfe bleibe garantiert.
Mit dem Volksvorschlag wollen die Gegner der Gesetzesrevision erreichen, dass die Sozialhilfe weiterhin nach den SKOS-Vorgaben ausgerichtet wird und keine Kürzungen vorgenommen werden.
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