Politische RechteKampf um Stimmrechtsalter 16 beendet Berner Polit-Sommerflaute
sr, sda
10.8.2022 - 13:26
Im Kanton Bern hat am Mittwoch der Politbetrieb wieder Fahrt aufgenommen: Sechs Jungparteien gaben bekannt, dass sie gemeinsam in den Abstimmungskampf für die Einführung von Stimmrechtsalter 16 steigen. Und die Junge SVP und die SVP präsentierten ihre Argumente gegen eine Senkung. Abgestimmt wird am 25. September.
Keystone-SDA, sr, sda
10.08.2022, 13:26
SDA
Auch das Jugendparlament des Kantons Bern unterstütze die gemeinsame Kampagne der Jungparteien, teilten die Jungsozialistinnen und Jungsozialisten (Juso), die Jungen Grünen, die Jungen Grünliberalen, die Junge EVP, die Junge Mitte und der Jungfreisinn am Mittwoch mit.
Sie finden, die Demokratie im Kanton Bern habe «ein längst fälliges Update» nötig. Wenn das Stimmrechtsalter von heute 18 auf 16 Jahre gesenkt werde, resultiere eine breiter abgestützte Demokratie. Denn die Stimmbeteiligung bei den unter 30-Jährigen sei tief. Werde das Stimmrechtsalter gesenkt, erhöhe dies die politische Teilhabe der Jungen.
Ein weiteres Argument der Befürworter ist, dass junge Menschen schon vor ihrem 18. Altersjahr wichtige Entscheidungen treffen müssten. Dies etwa bei der Berufswahl. Also könnten sie auch abstimmen. Die breite Unterstützung mehrerer Jungparteien zeige, dass es sich nicht um eine linke Vorlage handle.
Im vergangenen Herbst sprach sich das Berner Kantonsparlament für Stimmrechtsalter 16 aus. Weil für dessen Einführung eine Verfassungsänderung nötig ist, kommt diese Vorlage vors Volk.
Für SVP und Junge SVP «schädlich und falsch»
Die Junge SVP und die SVP des Kantons Bern haben ein Nein-Komitee gebildet und traten am Mittwoch in Bern vor die Medien. Für sie wäre es «schädlich und falsch», wenn das Berner Stimmvolk das Stimmrechtsalter senken würde.
Diese beiden Begriffe prangen prominent auf dem Plakat, mit dem die beiden Parteien in den Abstimmungskampf steigen. Die Schädlichkeit eines solchen Entscheids soll ein verbundener Finger symbolisieren, welcher auf dem Plakat zu sehen ist.
Eine Wunde würde aufgerissen, wenn mit der Senkung des kantonalen Stimmrechts von heute 18 auf 16 Jahre das aktive und passive Wahlrecht junger Menschen auseinandergerissen würde: Das sagte Nils Fiechter, Co-Präsident der Jungen SVP des Kantons Bern.
Er bezieht sich damit auf den Umstand, dass laut der Vorlage 16- und 17-Jährige das Recht erhalten sollen, auf kantonaler und kommunaler Ebene abzustimmen. Sie sollen auch Wahlvorschläge, Referenden und Initiativen unterzeichnen dürfen.
Wählbar wären sie aber weiterhin erst ab 18 und auf eidgenössischer Ebene könnten sie weiterhin erst als Volljährige abstimmen und wählen. Für die SVP und die JSVP ist das ein Widerspruch.
Auf dem Plakat ist auch ein roter Kreis mit rotem A in der Art der Anarchisten zu sehen. Dieses A ist ein Buchstabe des Worts «Stimmrechtsalter». Damit wollen JSVP und SVP ausdrücken, dass aus ihrer Sicht die Vorlage der Versuch von Links-Grün darstellt, die eigene Wählerbasis zu stärken.
Weitere Argumente der SVP und der JSVP für ein Nein sind, dass sich das Bernervolk 2009 an der Urne klar gegen das Stimmrechtsalter 16 aussprach. Auch hätten viele andere Kantone dessen Einführung ebenfalls abgelehnt.
Bisher einzig in Glarus
In der Tat kennt bisher einzig der Kanton Glarus Stimmrechtsalter 16. In anderen Kantonen sind Vorlagen in den letzten Jahren jeweils abgelehnt worden, zuletzt im Kanton Zürich. Das Bündner Kantonsparlament hat aber im Juni die Kantonsregierung beauftragt, eine Vorlage für Stimmrechtsalter 16 auszuarbeiten.
Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass dieses Stimmrechtsalter auf nationaler Ebene eingeführt wird: Der Nationalrat lehnte es im März ab, eine entsprechende parlamentarische Initiative abzuschreiben. Nun wird ein Vorschlag für eine Verfassungsänderung ausgearbeitet.
Eine von den Grünen eingebrachte Motion steht am Ursprung der neuen bernischen Abstimmung zu Stimmrechtsalter 16. Schon im Grossen Rat sprach sich die SVP dagegen aus – so wie die Kantonsregierung. Sie argumentierte, es sei problematisch, wenn das zivile und das politische Mündigkeitsalter nicht mehr übereinstimmten.
Wie sich andere bernische Parteien zur Vorlage stellen, wird sich bald zeigen: Die bernische FDP beispielsweise fasst ihre Parole am 24. August. In der Vernehmlassung sprach sie sich dagegen aus.
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