Gesundheit Kanton Bern will künftig «marktkonforme Löhne» bei der Spitex

SDA

8.5.2019 - 17:55

Eine Spitex-Angestellte pflegt in einem Bieler Altersheim eine Frau. (Archivbild)
Eine Spitex-Angestellte pflegt in einem Bieler Altersheim eine Frau. (Archivbild)
Source: KEYSTONE/GAETAN BALLY

Die kantonale Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) reagiert auf die Anfang 2018 bekannt gewordenen hohen Löhne bei der Spitex Bern. Sie will künftig in den Leistungsverträgen mit den bernischen Spitex-Organisationen «marktkonforme Vergütungssysteme» einfordern.

GEF-Sprecher Gundekar Giebel bestätigte am Mittwoch auf Anfrage eine entsprechende Mitteilung der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des bernischen Grossen Rats. Giebel sagte weiter, seit Anfang Jahr sei eine Änderung der Staatsbeitragsverordnung in Kraft, welche die Spitex-Organisationen verpflichte, einen Vergütungsbericht einzureichen.

Die GEF werde somit im kommenden Jahr eine komplette Übersicht über die Vergütung der bernischen Spitex-Organisationen erhalten. Die GEF prüfe zudem, ob sie die Beteiligungen der Spitex-Organisationen unter die Lupe nehmen wolle. Die GEF erwäge weitere Vorgaben, etwa zu Spesen und Boni.

Fast 200'000 Franken Lohn

Verschiedene Medien berichteten vor etwas mehr als einem Jahr, der Verwaltungsrat (VR) der Spitex Bern habe sich seine Aufsichtsfunktion 2017 mit rund 250'000 Franken entlöhnen lassen. Die VR-Präsidentin habe für ihre Tätigkeit im Präsidium und als Delegierte für besondere Vertretungsaufgaben einen Lohn von 185'000 Franken eingestrichen.

Laut einem Bericht des Wirtschaftsprüfers KPMG ist nun sogar etwas mehr Geld geflossen: Den sieben VR-Mitgliedern und der VR-Präsidentin wurden 2017 total 266'000 Franken ausgezahlt. Letztere allein erhielt gegen 193'000 Franken. Dies bei einem 90-Prozent-Pensum.

KPMG spricht im Bericht von Honoraren, welche sowohl für die einfachen VR-Mitglieder als auch für die Präsidentin mehr als doppelt so hoch waren wie vom Kanton empfohlen. Diesen Bericht konnte das Regionaljournal Bern Freiburg Wallis von Radio SRF gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz einsehen.

In der Folge sandte die GEF den Bericht auf Anfrage auch der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zu.

Beteiligung kurz vor Konkurs

Im gut 120-seitigen, von der GEF in Auftrag gegebenen Bericht heisst es auch, es sei nicht überprüfbar, ob die VR-Präsidentin geltend gemachte Überstunden tatsächlich geleistet habe. Die Rede ist auch von einer nicht nachvollziehbarer Berechnungslogik für die Boni der Geschäftsleitung und von nicht eingehaltenen Vorgaben des Spesenreglements.

Die Wirtschaftsprüferin stellt auch ein grosses Fragezeichen hinter das Engagement der Spitex Bern für das Zentrum Schönberg. Diese Einrichtung zur Pflege von dementen Menschen und zur Begleitung von Menschen kurz vor dem Tod stand Ende 2017 offenbar kurz vor dem Konkurs.

In der Folge wurde das Zentrum von verschiedenen Firmen und Organisationen finanziell saniert. Die Spitex Bern schoss insgesamt rund 2,3 Mio. Franken ein.

«Es ist zu prüfen, ob es Geschäftszweck bzw. Geschäftsmodell der Spitex Bern strategisch vertretbar zulassen, eine derart risikobehaftete finanzielle Beteiligung am Zentrum Schönberg fortgesetzt beizubehalten», schreibt KPMG. Spitex Bern habe durch die Beiträge seine eigene Finanzkraft «deutlich geschwächt».

Die grossrätliche GPK begrüsst, dass die GEF marktkonforme Vergütungssysteme einfordern will und eventuell auch die Beteiligungen unter die Lupe nimmt. Die Ereignisse bei der Spitex Bern hätten sie bewogen, sich generell mit der Aufsicht des Kantons über die Spitex-Organisationen zu befassen, schreibt die GPK in ihrer Mitteilung.

Ganzer Verwaltungsrat ausgewechselt

Die Spitex Bern geriet in die Schlagzeilen, als im Februar 2018 fünf Betriebsleiterinnen suspendiert wurden. Sie kritisierten die oberste Führung, nachdem diese den Geschäftsführer freigestellt hatte. Dieser Geschäftsführer war auch Leiter der Spitex Seeland und arbeitete auf Mandatsbasis.

Dieser Mann kritisierte nach seiner Freistellung in einem Interview die Spitex Bern heftig und sprach von aufgeblasener Verwaltung, inkompetenter Personalführung und hohen Vergütungen. Er selber erhielt aber auch ein Gehalt, das die KPMG als «sehr hoch» bewertet.

Nach öffentlicher Kritik an der Führung der Spitex Bern, unter anderem von der GEF, demissionierte die VR-Präsidentin der Spitex Bern. Letztlich wurde der ganze Verwaltungsrat ausgewechselt. Heute präsidiert die frühere Nationalrätin Therese Frösch den Verwaltungsrat. Etwas über 400 Personen arbeiten für die Spitex Bern.

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