Kantonsverwaltung Keine Eigenentwicklungen mehr bei Informatikprojekten des Kantons

hn, sda

23.11.2023 - 09:37

Ein Informatikprojekt des Kantons hat sich arg verheddert. Die Geschäftsprüfungskommission fordert nun, dass der Kanton künftig auf Eigenentwicklungen bei Informatikprojekten verzichtet. (Symbolbild)
Ein Informatikprojekt des Kantons hat sich arg verheddert. Die Geschäftsprüfungskommission fordert nun, dass der Kanton künftig auf Eigenentwicklungen bei Informatikprojekten verzichtet. (Symbolbild)
Keystone

Nach dem Flop eines grossen Informatikprojekts bei der Kantonspolizei und der Staatsanwaltschaft soll der Kanton Bern künftig auf Eigenentwicklungen verzichten. Das fordert die grossrätliche Geschäftsprüfungskommission.

Keystone-SDA, hn, sda

Sie hat das Informatikprojekt NeVo/Rialto von Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft überprüft. Das Projekt sei «massiv unterschätzt worden» heisst es in einer Mitteilung der Geschäftsprüfungskommission (GPK) vom Donnerstag.

NeVo/Rialto wurde seinerzeit als innovatives Projekt, das es so in der Schweiz noch nicht gebe, angekündigt. Mit ihm sollen die Abläufe zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft durchgehend digitalisiert und vereinheitlicht werden. Nach der Einführung bei der Polizei sorgten aber vor allem unzufriedene Nutzer, Verzögerungen und Mehrkosten für Schlagzeilen.

Im Oktober 2022 beauftragte die GPK deshalb die Finanzkontrolle (FK) damit, ein Jahr nach Einführung von NeVo/Rialto bei der Kantonspolizei eine Sonderprüfung vorzunehmen. Gestützt auf die Erkenntnisse der FK gelangte die Kommission nun zu verschiedenen Feststellungen und Empfehlungen.

Ziele noch immer nicht erreicht

Die GPK stellt fest, dass die Projektziele von NeVo/Rialto bisher noch nicht vollständig erreicht wurden. Insbesondere die digitale «Brücke» zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei sei noch nicht fertig. Ein Projektabbruch kommt zum jetzigen Zeitpunkt für die GPK aber nicht mehr in Frage, wie sie schreibt.

Besonders wichtig scheint der GPK laut Mitteilung vom Donnerstag, dass das System bei der Kantonspolizei verlässlich genug funktioniert, bevor es bei der Justiz eingeführt wird.

Schlechte Noten

Weiter soll die Regierung aus den Fehlern lernen und die Erkenntnisse in künftige Projekte einfliessen lassen, so eine weitere Forderung der GPK.

Sie ist der Ansicht, dass es grosse Risiken birgt, ein Produkt ganz alleine entwickeln zu lassen. Auf Eigenentwicklungen soll seitens Kanton darum grundsätzlich verzichtet werden.

Als gefährlich erachtet die GPK auch die Haltung, ein System sei alternativlos. Dies führe zu einer grossen Abhängigkeit, womit erhebliche Risiken verbunden seien.

Bevor ein Projekt definitiv umgesetzt werde, müsse sichergestellt sein, dass es verlässlich funktioniere. Ein solcher Entscheid müsse auf klar definierten Kriterien basieren, politischer Druck dürfe dabei keine Rolle spielen.

Ein weiterer zentraler Faktor sind für die GPK die Nutzerinnen und Nutzer eines Systems: Diese müssten in genügendem Mass einbezogen werden und die Schulungen und Ausbildungen dürften nicht unterschätzt werden.

Schliesslich sei ein Informatikprojekt oftmals auch ein Organisationsprojekt, schreibt die GPK. Das Change-Management sei im Rahmen einer Projektorganisation unbedingt entsprechend miteinzubeziehen.

Damit sich die erkannten Schwierigkeiten bei künftigen Projekten nicht wiederholen, könnte es aus Sicht der GPK sinnvoll sein, für die Konzeption und Durchführung von IT-Projekten, gesetzliche Vorgaben zu definieren.

Rechenschaft ablegen

Der Regierungsrat soll in einem Bericht zuhanden des Grossen Rats dokumentieren, welche Lehren er gezogen habe, lautet eine weitere Forderung der GPK. Auch müsse der Regierungsrat darlegen, was dafür gesprochen habe, an NeVo/Rialto festzuhalten.

Die Regierung möchte eigentlich nur zu einem Teil der Empfehlungen und nur gegenüber der GPK Rechenschaft ablegen. Die GPK hält dagegen und findet, dass der Regierungsrat mit einem Bericht an den Grossen Rat umfassend Transparenz schaffen solle.