Justiz Kosten für Handyortung: Mutter profitiert von Gesetzeslücke

SDA

1.4.2020 - 11:11

Eine Bernerin muss die Kosten für die Handyortung ihres Sohns nicht bezahlen, welche die Kantonspolizei ihr auferlegen wollte. Das hat das kantonale Verwaltungsgericht entschieden. Die Frau hatte die Polizei alarmiert, weil sie befürchtete, ihr Sohn wolle sich umbringen.

Wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Urteil hervorgeht, sagte die Bernerin der Polizei bei der Alarmierung, sie habe sich mit ihrem Sohn gestritten. Der 17-Jährige habe eine Flasche Weisswein getrunken und gesagt, er werde sich das Leben nehmen. Um zirka 0.35 Uhr in der Nacht habe er das Haus verlassen.

Die Berner Kantonspolizei startete in der Folge eine grosse Suchaktion. Sie ordnete in deren Rahmen auch eine Standortermittlung des Mobiltelefons an, das der Jugendliche auf sich trug. Da es sich um das Gerät eines ausländischen Anbieters handelte, musste die Polizei gleich drei Schweizer Mobilfunkanbieter beiziehen.

Wie die Suche ausging, geht nicht aus dem Urteil hervor. So oder so stellte die Kantonspolizei aber nach der Suchaktion der Mutter des Jugendlichen die Kosten für die Ortung von dessen Handy in Rechnung. Es geht um 2490 Franken. Nichts bezahlen musste die Mutter für den polizeilichen Grosseinsatz als solchen.

Erst wehrte sich die Mutter erfolglos gegen die Kostenüberwälzung: Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern (POM) wies ihre Beschwerde gegen die Kostenverfügung der Polizei ab. Die POM heisst heute Sicherheitsdirektion. Nun hat aber das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Mutter gegen den POM-Entscheid gutgeheissen.

Glück gehabt – altes Gesetz gilt

Nichts bezahlen muss die Mutter, weil laut dem Verwaltungsgericht das frühere Polizeigesetz des Kantons Bern keine Rechtsgrundlage für die Kostenüberwälzung darstellte. Die Suchaktion nach dem Jugendlichen fand im November 2015 statt, das neue bernische Polizeigesetz gilt erst seit Januar dieses Jahres.

Gemäss dem alten Polizeigesetz konnten Kosten für eine polizeiliche Tätigkeit nur dann überwälzt werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsah. Möglich war eine Überwälzung beispielsweise bei Grossveranstaltungen.

Anders ist es im neuen Polizeigesetz. Dort gibt es einen Artikel, in dem die polizeiliche Verrechnung an Dritte geregelt ist und Anwendungsfälle aufgeführt sind. So steht in diesem neuen Artikel 137, dass die Polizei Kostenersatz verlangen kann, wenn es um eine vorsätzlich oder fahrlässig verursachte Störung geht.

Möglich ist eine Kostenüberwälzung auch bei Einsätzen «für den Schutz von überwiegend privaten Interessen» oder beim Ausrücken wegen eines Fehlalarms.

Kann-Formulierung

Die Berner Regierung schrieb vor der Revision des Gesetzes dem Grossen Rat, wie bei anderen Gesetzen werde künftig auch im Bereich der polizeilichen Leistungen das Verursacherprinzip gelten.

Die Kantonsregierung wies aber auch darauf hin, dass der Artikel 137 eine Kann-Bestimmung ist: «Die Kantonspolizei kann für von ihr erbrachte Leistungen teilweisen oder vollständigen Kostenersatz verlangen.»

Dadurch werde der Kantonspolizei die Möglichkeit eröffnet, in Härtefällen oder aus Pietätsgründen auf eine Verrechnung ganz oder teilweise zu verzichten. Der Verwaltungsgerichtsentscheid kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.

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