VerwaltungsgerichtLangjähriger Sozialhilfe-Bezüger darf in der Schweiz bleiben
zc, sda
3.4.2023 - 10:38
Ein 63-jähriger Türke darf in der Schweiz bleiben, obwohl er von 2008 bis 2020 Sozialhilfe im Gesamtbetrag von 343'000 Franken bezogen hat und auch in Zukunft auf Unterstützung angewiesen sein dürfte. Das hat das bernische Verwaltungsgericht entschieden.
Keystone-SDA, zc, sda
03.04.2023, 10:38
SDA
Die Wohngemeinde hatte dem Mann die Niederlassungsbewilligung 2019 «infolge andauernder Sozialhilfeabhängigkeit» entzogen. Die kantonale Sicherheitsdirektion stützte den Entscheid.
Der Mann erhob Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht und bekam nun Recht, wie aus dem am Montag publizierten Urteil hervorgeht. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig.
Laut Gericht lebt der Mann seit 19 Jahren in der Schweiz und ist in dieser Zeit nur sporadisch einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Während zwölf Jahren bezog er ununterbrochen Sozialhilfe. Das änderte sich erst, nachdem die Wohngemeinde das Verfahren zum Widerruf der Niederlassungsbewilligung eingeleitet hatte.
Danach nahm der Mann Jobs als Zeitungsverträger und Inserateverteiler an, zudem richtete er eine kleine Brockenstube ein. Seit Januar 2021 bezieht er keine Sozialhilfe mehr.
Anfang 2022 liess sich der Mann frühpensionieren und erhält seither eine minimale Teil-AHV-Rente. Die Brockenstube betreibt er weiterhin.
Ergänzungsleistungen kein Grund
Für das Gericht ist aber fraglich, dass er sein Existenzminimum künftig selbständig decken kann. «Vielmehr dürfte er dauerhaft auf Ergänzungsleistungen und damit wiederum auf Leistungen der öffentlichen Hand angewiesen sein», heisst es im Urteil.
Der Niederlassungsbewilligung kann zwar widerrufen werden, wenn jemand dauerhaft und in erheblichem Mass auf Sozialhilfe angewiesen ist. Doch Ergänzungsleistungen fallen gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtssprechung nicht unter den Begriff der Sozialhilfe.
Die Beschwerde erweise sich somit als begründet, schreibt das Verwaltungsgericht. Der Mann solle die Niederlassungsbewilligung behalten. Ob die Behörden das Urteil ans Bundesgericht weiterziehen, ist nicht bekannt.
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