Am Berner Obergericht hat der zweitinstanzliche Prozess um einen mutmasslichen Millionenbetrug zu Lasten einer Berner Pensionskasse begonnen. Die Verteidiger der beiden Beschuldigten forderten wie schon vor der ersten Instanz einen Freispruch für die Angeklagten.
Die Anwälte Philipp Kunz und Valentin Landmann sagten am Mittwoch vor dem Obergericht, in der Affäre um angeblich überhöhte Preise bei Hauskäufen gebe es gar keinen Betrug und keinen Schaden. Das für einen Betrug Ausschlag gebende Informationsgefälle zwischen angeblichem Betrüger und angeblichem Betrogenen habe gefehlt, so Kunz.
Die Grundlagen für die Kaufentscheide seien allen Mitgliedern des Anlageausschusses der Pensionskasse zur Verfügung gestanden, betonte auch Landmann. Deshalb könne keine Täuschung vorliegen. Das erstinstanzliche Gericht sei auch von falschen Grundannahmen ausgegangen, etwa bei den nachträglich erstellten Verkehrswerten der Liegenschaften.
48 Monate Freiheitsstrafe
Vor Gericht stehen der ehemalige Geschäftsführer der Personalvorsorgestiftung (PVS) der Carba-Gruppe und ein mit ihm befreundeter Berner Bauunternehmer. Die beiden waren im März 2017 vom kantonalen Wirtschaftsstrafgericht zu je 48 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dies wegen versuchtem und vollendetem gewerbsmässigem Betrug.
Dieses Urteil haben die beiden Männer ans Berner Obergericht weitergezogen.
Das Wirtschaftsstrafgericht kam vor zweieinhalb Jahren zum Schluss, die beiden Männer hätten in den Jahren 2007 bis 2010 fünfzehn Immobiliengeschäfte gemäss einem gemeinsamen Plan abgewickelt: Der Bauunternehmer habe dem mit ihm befreundeten Ex-PVS-Geschäftsführer jeweils vorgeschlagen, ein bestimmtes Gebäude zu kaufen.
Letzterer soll in der Folge das Geschäft im Anlageausschuss der Kasse durchgebracht haben, weil er während vieler Jahre tadellos arbeitete und viel Vertrauen genoss. Dass er mit dem Bauunternehmer befreundet war, verschwieg der Mann.
Der Bauunternehmer soll dann für seine Hausverkäufe einen überzogenen Preis erhalten haben. Der Ex-PVS-Geschäftsführer soll für diese Dienste eine Vermittlungsprovision von 3,1 Millionen Franken erhalten haben.
Das erstinstanzliche Gericht ging 2017 von einer Deliktsumme von 5,6 Millionen Franken aus. Die Staatsanwaltschaft war von einem wesentlich höheren Deliktsbetrag ausgegangen und hatte Strafen von sechs Jahren respektive sechs Jahren und vier Monaten gefordert.
Die beiden Beschuldigten sagten vor Obergericht, bei den 3,1 Millionen Franken habe es sich nicht um eine Vermittlungsprovision, sondern um ein Darlehen des Bauunternehmers an den Ex-Geschäftsführer gehandelt. Dieser habe in privatem Rahmen ein Mehrfamilienhaus kaufen wollen.
Kein Vertrag und Geld bar übergeben
Unbestrittenermassen besteht zu diesem Darlehen kein Vertrag, und das Geld wurde bar übergeben – in Tranchen von bis zu 490‘000 Franken. Die beiden Beschuldigten sagten am Mittwoch, das sei schlecht gewesen.
In der Buchhaltung der Baufirma erschienen die Darlehenstranchen zuerst auch als Vermittlungsprovisionen. Zum Darlehen wurden sie erst, als die bernische Steuerverwaltung eine Prüfung ankündigte.
Das töne ja wie in einem Gangsterfilm, sagte einer der Oberrichter an der Verhandlung vom Mittwoch. Auch der vorsitzende Oberrichter drückte mehrfach sein Erstaunen aus über die Geschichte.
Offenbar sieht das Obergericht aber dennoch etliche zu klärende Fragen. Der vorsitzende Oberrichter fragte die Parteien am Mittwoch vorsorglich an, wann sie für eine Urteilseröffnung nach dem 7. November Zeit hätten. An diesem Tag möchte das Gericht das Urteil eigentlich bekanntgeben.
An diesem Donnerstag plädieren zuerst aber noch der Staatsanwalt und der Vertreter der Privatkläger.
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