Alt Bundesrichter Hans Wiprächtiger ist mit dem Versuch gescheitert, zwischen den Betreibern des alternativen Kulturzentrums Reitschule in Bern und der Kantonspolizei einen Dialog in Gang zu setzen. Die Stadt Bern wird nun den Auftrag an ihn auflösen.
"Ja, wir haben die Ziele nicht erreicht, die wir uns setzten", sagte am Freitagmorgen Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried im Regionaljournal Bern Freiburg Wallis von Schweizer Radio SRF. Wiprächtiger habe seine Sache gut gemacht, sagte von Graffenried weiter.
Lange Zeit habe er auch positive Rückmeldungen von Wiprächtiger erhalten, so Berns Stadtpräsident weiter. Wieso es letztlich nicht geklappt habe, einen Dialog zwischen Reitschule und der Kantonspolizei in Gang zu bringen, wisse er noch nicht. Ein klärendes Gespräch mit Wiprächtiger finde erst noch statt, so von Graffenried.
Eine Zusammenarbeit und einen direkten Kontakt zwischen Reitschülern und Polizei finde er, so von Graffenried, "unerlässlich" - vor allem betreffend Reitschul-Vorplatz. Von Graffenried äusserte sich in diesem Sinn auch in der "Berner Zeitung" und im "Bund" vom Freitag.
Mandat folgte auf Ausschreitungen
Die Berner Stadtregierung beauftragte den ehemaligen Bundesrichter Wiprächtiger im Frühling 2016, im Konflikt mit der Reitschule zu vermitteln. Dies, nachdem es - am 6. März 2016 - vor der Reitschule zu Ausschreitungen gekommen war. Dabei wurden elf Polizisten verletzt.
Wie der Berner Gemeinderat im Mai 2016 auf eine kleine Anfrage im Berner Stadtparlament schrieb, sollte der ehemalige Bundesrichter mittels Gesprächen mit den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren helfen, "die Fronten abzubauen und Wege aufzuzeigen, wie der Dialog künftig auf eine konstruktive Ebene gebracht werden kann."
Noch im Juni 2017 schrieb die Berner Stadtregierung auf eine andere kleine Anfrage im Berner Stadtrat, die Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule (IKuR) habe Bereitschaft signalisiert, sich mit der Kantonspolizei auszutauschen.
Wiprächtiger habe mit der Polizei Kontakt aufgenommen, um den Gesprächsrahmen festzulegen respektive vorzuschlagen. Der alt Bundesrichter sei zuversichtlich, dass bald ein Gespräch zustande komme.
Im Oktober 2017 teilte die Stadt Bern auf Anfrage mit, die Stadt führe seit Langem mit den Betreiberinnen und Betreibern der Reitschule Gespräche. Es gehe darum, "Phänomene, die auch den Kulturbetrieb und das Selbstverständnis der Reitschule beeinträchtigen (wie den Drogenhandel auf der Schützenmatte)", besser angehen zu können.
Dabei könne die Stadt "auf die hilfreiche Begleitung durch Herrn Wiprächtiger zurückgreifen".
Kessler neuer Berner Reitschul-Berater
Am Donnerstag respektive Freitag machten "Berner Zeitung" und "Der Bund" auch publik, dass Alec von Graffenried einen neuen Reitschul-Berater engagiert hat. Es handelt sich um Thomas Kessler, ehemals Integrationsbeauftragter und Drogendelegierter des Kantons Basel-Stadt. Zwischen 2009 und Februar 2017 leitete er in Basel die Abteilung Kantons- und Stadtentwicklung.
Wie von Graffenried auf Anfrage bekanntgab, lernte der Berner Stadtpräsident Kessler kennen, als er noch Berner Regierungsstatthalter war. Kessler soll nun den Stadtpräsidenten und die Stadtverwaltung "bei der Überprüfung und der Optimierung des Verwaltungshandelns im Perimeter Schützenmatte-Reitschule" beraten.
"Im Zentrum steht das Bestreben nach einem möglichst kohärenten Verhalten aller Behörden." Das Mandat ist zeitlich nicht limitiert und begann im Herbst 2017. Es hat da und dort schon Kritik hervorgerufen. So schreibt etwa CVP-Stadtrat Michael Daphinoff auf Twitter: "Es wird langsam absurd. Wieviele externe Berater sollen wir denn noch bezahlen?"
Daphinoff nahm mit diesem Tweet Bezug darauf, dass vor Wiprächtiger auch schon die ehemalige Berner Regierungsstatthalterin Regula Mader im Reitschul-Dossier einen Vermittlungsauftrag inne hatte. Zudem nahm ein Basler Soziologen-Team im Auftrag der Stadt Bern Ende 2014/Anfang 2015 die Reitschule in einer Studie unter die Lupe, wie "Der Bund" am Freitag in Erinnerung rief.
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