Der Doppelmord an einem Heimleiter und dessen Freundin in Spiez sei von ihm allein begangen worden. Das hat der Sohn des Angeklagten am Donnerstag vor dem bernischen Obergericht beteuert. Dieses muss die Bluttat in zweiter Instanz beurteilen.
Das erstinstanzliche Regionalgericht Berner Oberland war vor rund einem Jahr zum Schluss gekommen, dass Vater und Sohn die Tat gemeinsam begangen haben mussten. Es verurteilte den Vater zur Höchststrafe: lebenslänglich mit anschliessender Verwahrung.
Der Sohn war zur Tatzeit noch minderjährig und unterstand somit dem Jugendstrafrecht. Auch dieses verhängte die Höchststrafe, die allerdings im Jugendstrafrecht mit vier Jahren Freiheitsentzug deutlich milder ausfällt.
Die erste Instanz musste ihr Urteil aufgrund von Indizien fällen, denn Vater und Sohn schwiegen beharrlich. Diesem Grundsatz folgte der Vater nun auch am Donnerstag vor Obergericht. Sein Sohn hingegen gab an, er werde Aussagen machen - eine eher überraschende Wende im Fall.
Der Sohn nahm in der Folge alle Schuld auf sich. Er habe das Heimleiterpaar allein umgebracht. Seinen Vater habe er gebeten, vor dem Heim zu warten, weil er sich mit dem Heimleiter aussprechen wolle. Dann sei er zur Tat geschritten.
Erst als er den Heimleiter und dessen zufällig anwesende Partnerin mit Messerstichen getötet hatte, sei der Vater im Zimmer erschienen und habe ihn von seinen Opfern weggerissen, schilderte der Sohn.
Die Version des Sohnes sei mindestens ebenso glaubwürdig wie jede andere Version, betonte die Verteidigerin. Sie zog die in erster Instanz herangezogenen Indizien in Zweifel.
Vom Vater gebe es beispielsweise lediglich eine DNA-Spur im Raum, an einer Fensternische über der weiblichen Leiche. Hätte auch der Vater zugestochen, hätten er in dem Gemenge ebenfalls zahlreiche Spuren hinterlassen.
Der vorbestrafte Sohn sei psychisch angeschlagen und schon in jüngeren Jahren als gewalttätig und kränkbar aufgefallen. Der Sohn sei mit seiner Aggression problemlos fähig gewesen, die Bluttat allein zu begehen. Ihr Mandant hingegen sei freizusprechen, forderte die Verteidigerin.
Rach- und tobsüchtiger Patriarch
Ein ganz anderes Bild zeichnete die Staatsanwältin, die im Vater die treibende Kraft hinter dem Mord vermutet. Der Schweizer mit italienischen Wurzeln sei ein reizbarer Patriarch. Gehe es nicht nach seinem Willen, raste er komplett aus.
Nicht in erster Linie sein Sohn, sondern er selber habe sich am Heimleiter rächen wollen. Der Sohn soll bei einem Aufenthalt im Heim zehn Jahre vor der Tat ungerecht bestraft worden sein. Schon damals hatte der Vater den Heimleiter mit dem Tod bedroht.
Dass der Vater offenbar auch Jahre nach einer empfundenen Kränkung Menschen kaltblütig umbringe, verheisse für die Zukunft nichts gutes. Es sei davon auszugehen, dass der Mann auch in Zukunft gefährlich sei. Zudem weigere er sich konsequent, sich mit seiner Lebensproblematik auseinander zu setzen.
Dass der Mann unbelehrbar sei, zeige auch, dass er mehrfach wegen illegalen Waffenbesitzes mit den Behörden zu tun hatte. Immer wieder habe er versprochen, keine Waffen mehr zu tragen, sich aber dann nicht daran gehalten. Eine Verwahrung sei aus all diesen Gründen gerechtfertigt, argumentierte die Staatsanwältin.
Die Staatsanwältin verwies in ihrem Plädoyer auch auf eine berührende Szene am Morgen, als sich der angeklagte Vater und der als Auskunftsperson vor dem Gericht erschienene Sohn herzlich umarmten. "Eine berührende Szene", wie die Staatsanwältin einräumte. "Bloss: die Angehörigen der Opfer werden ihre Liebsten nie mehr in die Arme nehmen können, das darf man nicht vergessen", betonte sie. Das Obergericht wird am 19. Dezember sein Urteil bekannt geben.
Bluttat erschüttert die Schweiz
Der Mordfall sorgte im Frühling 2013 landesweit für Entsetzen. Der Leiter einer privaten pädagogischen Einrichtung und dessen zufällig im Heim anwesende Partnerin wurden mit über hundert Messerstichen ermordet.
Erst 18 Monate nach der Bluttat konnte die Polizei die mutmasslichen Täter, einen Vater und dessen Sohn, dingfest machen. Vor fast genau einem Jahr wurde den beiden in getrennten Verfahren der erstinstanzliche Prozess gemacht. Der Sohn akzeptierte den Schuldspruch, der Vater hingegen zog sein Urteil ans Obergericht weiter.
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