Kommunale Abstimmung Stadtberner Pionierarbeit bei Politikfinanzierung – 88 Prozent Ja

SDA

27.9.2020 - 16:16

Gehört zu den grössten Freibädern in Europa: Das «Weyerli» im Westen von Bern.
Gehört zu den grössten Freibädern in Europa: Das «Weyerli» im Westen von Bern.
Source: KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Als erste Schweizer Stadt gibt sich Bern Vorschriften zur Politikfinanzierung. Die Stimmberechtigten hiessen die sogenannte Transparenzvorlage mit 88,4 Prozent Ja-Stimmen gut, wie der Gemeinderat am Sonntag mitteilte.

Die Parteien und alle Kandidierenden sind künftig verpflichtet, ihre Finanzierung offenzulegen. Auch Abstimmungs- und Wahlkomitees werden in die Pflicht genommen. 47'183 Stimmende legten ein Ja in die Urne, 6219 ein Nein. Die Stimmbeteiligung betrug 66,9 Prozent.

Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) freute sich über das wuchtige Ja. Die Intransparenz in der Politikfinanzierung sei der schwerwiegendste Mangel in der schweizerischen Demokratie, sagte er vor den Medien. Bern habe hoffentlich schweizweit ein Zeichen für mehr Transparenz gesetzt.

Für die Stadtberner Gemeindewahlen von Ende November reicht es allerdings nicht. Von Graffenried erwartet die Inkraftsetzung im Lauf des kommenden Jahres.

Transparenzvorlagen stehen vielerorts zur Diskussion. Eine eidgenössische Initiative zum Thema ist hängig. Die Kantone Tessin, Genf, Neuenburg und Schwyz kennen bereits Vorschriften.

Bürgerliche enttäuscht

Enttäuscht reagierte die Stadtberner FDP, die – wie die SVP – die Vorlage bekämpft hatte. Transparenz in der Politikfinanzierung sei richtig, doch die am Sonntag genehmigte Vorlage sei in verschiedenen Bereichen mangelhaft, bringt keine klare Transparenz und erhöhe den bürokratischen Aufwand auf unnötige Art und Weise.

Ähnlich sehen es die Stadtberner Wirtschaftsverbände und der Hauseigentümerverband. Sie halten die Vorschriften zwar für untauglich, lückenhaft und rechtlich angreifbar. Trotzdem verzichten sie darauf, das Reglement anzufechten.

Fast 93 Prozent für «Weyerli»

Ja sagte der Souverän auch zu drei Baukrediten, darunter die Sanierung des Freibades Weyermannshaus. 92,9 Prozent der Stimmenden hiessen den Baukredit von 48 Millionen Franken gut. Das «Weyerli» gehört mit seiner seeartigen Wasserfläche zu den grössten Freibädern in Europa.

Die Sanierung sei überfällig, betonte Sportdirektorin Franziska Teuscher (Grünes Bündnis). «Zugleich können wir etwas für die Umwelt tun.» Wegen des undichten Schwimmbeckens versickerte bislang viel Badewasser im Boden und gelangte ungefiltert in den Wohlensee.

Für den Neubau der Heilpädagogischen Schule (HPS) legten 89,5 Prozent der Stimmenden ein Ja in die Urne. Der Baukredit beläuft sich auf knapp 31 Millionen Franken. Die HPS kümmert sich um kognitiv und teilweise körperlich beeinträchtigte Kinder und Jugendliche. Der Neubau entsteht in Bümpliz.

«Bekenntnis zu Wohnbaupolitik»

Die Wohnüberbauung Reichenbachstrasse wurde mit 77,3 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen. Auf dem Areal der ehemaligen Krankenpflegeschule Engeried sollen preisgünstige Mietwohnungen erstellt werden. Der Baukredit beläuft sich auf 57 Millionen Franken.

Gemeinderat Michael Aebersold (SP) sprach von einem «Meilenstein der Berner Wohnoffensive». Das klare Ja zeige, dass die Stimmberechtigten die städtische Wohnbaupolitik unterstützten.

Stadtpräsident von Graffenried fügte an, dass der Gemeinderat sämtliche Abstimmungsvorlagen in dieser Legislatur gewonnen habe. Nach einer Zählung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sind es insgesamt 34 Vorlagen seit Anfang 2017.

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