Die Schulinformatik der Stadt Bern braucht dringend einen Neustart. Zu diesem Schluss kommt der Gemeinderat aufgrund eines Expertenberichts.
Das Millionenprojekt «base4kids2» soll personell und organisatorisch neu aufgegleist werden, wie Bildungsdirektorin Franziska Teuscher (Grünes Bündnis) am Dienstag vor den Medien bekanntgab. So soll eine externe Projektleitung eingesetzt werden und dafür sorgen, dass das «Hightech-Hochseeschiff» wieder auf Kurs gebracht wird.
Auch sollen die Lehrkräfte stärker eingebunden werden, die sich seit einem Jahr mit der als unberechenbar geltenden digitalen Plattform herumärgern. Ein «Team Praxis» mit Vertretungen aus allen Schulkreisen wird ins Leben gerufen.
Vermutlich wird es auch einen neuen Namen für das Projekt geben, wie Teuscher auf Anfrage sagte. Schliesslich sei «base4kids2» an den Schulen mittlerweile ein Reizwort».
Wie teuer die Neustrukturierung wird, ist offen. Dass es einen Nachkredit braucht, ist aber sicher. Der Gemeinderat will dem Stadtrat im ersten Quartal 2021 einen entsprechenden Antrag stellen.
Ärger im Schulhaus
Für die Erneuerung der Schulinformatik sprachen die Stadtberner Stimmberechtigten im November 2018 einen Investitions- und einen Verpflichtungskredit von insgesamt 24 Millionen Franken. Im vergangenen Herbst erhielten Kinder und Lehrkräfte neue iPads und Zugang zur zentralen Open-Source-Plattform «base4kids2».
Doch bald häuften sich die Klagen aus den Schulzimmern: Drucken sei fast unmöglich, Geräte stellten von alleine ab, Dokumente seien kaum zu bearbeiten. Genervte Lehrkräfte kritisierten, so sei kein vernünftiger Unterricht möglich.
«Ich habe, wie auch andere Involvierte, das Projekt unterschätzt», räumte Bildungsdirektorin Teuscher am Dienstag ein. Erschwerend sei hinzugekommen, dass Ende 2019 die Leiterin des Schulamts pensioniert und fast gleichzeitig der Projektleiter ausgewandert sei. Dadurch sei ein «Kompetenzvakuum» entstanden.
Probleme «nicht unlösbar»
Teuscher vertraute zunächst darauf, dass sich die Probleme bis Sommer lösen liessen. Als das nicht der Fall war, gab sie ein Gutachten in Auftrag. Der nun vorliegende Bericht einer unabhängigen IT-Firma kommt zum Schluss, dass ein Projektabbruch weder nötig noch sinnvoll wäre. Die Situation sei «verfahren, aber nicht unlösbar».
Der Gemeinderat entschied sich aufgrund dieser Erkenntnisse für eine personelle und organisatorische Neustrukturierung. Wer externer Projektleiter wird, ist noch offen. Im Schulamt brauche es zudem mehr personelle Ressourcen.
Die Open-Source-Lösung habe die Projektprobleme noch verschärft, betonte Teuscher. Alternativen müssten geprüft werden. Der Stadtrat hatte auf Open Source gepocht, aber in manchen anderen Städten hat man offenbar bessere Erfahrungen mit Microsoft-Produkten gemacht – oder mit einer Kombination von beidem.
Beitrag an private Notebooks?
Viele Fragen zur Neustrukturierung sind noch offen – so auch die Beschaffung zusätzlicher Notebooks für die Lehrkräfte. Denn die Stadt ist knapp bei Kasse. Deshalb will Teuscher prüfen lassen, den Lehrkräften einen Beitrag an ihr privates Notebook zu zahlen.
Zur Aufarbeitung gehören auch die Gespräche mit der Firma, die sich als Vertragspartnerin der Stadt ums Projekt kümmerte. Teuscher kündigte «rechtliche Abklärungen zum Projekt» an, «insbesondere zur Ausschreibung, zu den Verträgen und zur erfolgten Umsetzung».
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