Grosser Rat BEUnheilige Allianz verhindert Privatisierung der Berner Jugendheime
zc, sda
17.6.2021 - 11:16
Die Verselbständigung der fünf bernischen Kinder- und Jugendheime ist vom Tisch: Der Grosse Rat trat am Donnerstag nicht auf das Geschäft ein. Den Ausschlag gab eine unheilige Allianz aus SVP und SP.
zc, sda
17.06.2021, 11:16
SDA
Die SVP-Fraktion bekannte sich zwar grundsätzlich zu den Zielen einer Privatisierung. Allerdings stünden zu viele offene Fragen im Raum, insbesondere rund um die Finanzierung. Deshalb sei es besser, einen Marschhalt einzulegen und nach besseren Lösungen zu suchen.
Die Mehrheit der SP befürchtete, die Verselbständigung der fünf Institutionen ginge auf Kosten des Personals sowie der Kinder und Jugendlichen. Eine Ausgliederung verschlechtere die Anstellungsbedingungen, und die Betreuungsqualität würde leiden. Auch ein Teil der Grünen und einige Freisinnige lehnten Eintreten ab.
«Gleich lange Spiesse»
Anders sahen dies GLP, Mitte, EVP, EDU und die Mehrheit der FDP. An der Verselbständigung führe kein Weg vorbei, besonders vor dem Hintergrund der künftigen Tarifierung. Zudem brauche es gleich lange Spiesse: Die fünf Institutionen sollten gleich behandelt wie die 92 bereits privatrechtlich organisierten Heime im Kanton Bern.
Hinzu komme, dass zumindest vier der fünf betroffenen Heime offen seien für die Verselbständigung, hiess es in der mehrstündigen Debatte. Sie sähen die Vorteile grösserer unternehmerischer Freiheiten.
Zur Debatte stand die Privatisierung von fünf kantonalen Institutionen ab 2023: Das Schulheim Schloss Erlach, das Zentrum für Sozial- und Heilpädagogik Landorf Köniz-Schlössli Kehrsatz, das Pädagogische Zentrum für Hören und Sprache Münchenbuchsee, das Jugendheim Lory sowie die Beobachtungsstation (Beo) Bolligen.
Umgliederung in Sicht
Der Nichteintretensentscheid fiel relativ knapp, mit 74 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Regierungsrätin Evi Allemann (SP) betonte, damit sei die Verselbständigung vom Tisch.
Nun gehe es nicht mehr um eine Ausgliederung, sondern um eine Umgliederung. Die fünf Institutionen sind heute auf drei Direktionen der Kantonsverwaltung verteilt. Die HSM in Münchenbuchsee wird laut Allemann künftig in die Zuständigkeit der Bildungsdirektion fallen. Die übrigen vier sollen zur Direktion für Inneres und Justiz gehören.
Bedenken wegen Finanzen
Die Regierung hatte die Vorlage mit einem umstrittenen Finanzierungsmodell verbunden. Die Institutionen hätten sich neu als Stiftungen organisieren sollen, wobei der Kanton das Stiftungskapital eingebracht hätte: Die Stiftungen sollten die Gebäude, die sie heute schon benutzen, zum Symbolpreis von einem Franken erwerben können.
Das stiess aus zwei Gründen auf Widerstand. Zum einen wurde befürchtet, dass der Unterhalt für die grösstenteils historischen Bauten ein Risiko für die Heime darstelle.
Zum andern wiesen Finanzpolitiker darauf hin, dass eine kostenlose Übertragung der Liegenschaften zu einer Verschlechterung der Erfolgsrechnung führen würde. Immerhin hätten die Liegenschaften einen Marktwert von total 80 Millionen Franken.
Regierungsrätin Allemann wies darauf hin, dass man die Frage der Kapitalisierung auch anders lösen könnte. Wichtig sei zunächst nur der Grundsatzentscheid für eine Verselbständigung. Doch davon wollte die Ratsmehrheit nichts wissen und versenkte die ganze Vorlage.
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