Der Kanton Bern kann künftig in Ausnahmefällen Gesetze per sofort in Kraft setzen. Die Stimmberechtigten haben eine entsprechende Änderung der Kantonsverfassung mit 300'393 Ja- zu 98'156 Nein-Stimmen gutgeheissen.
Das entspricht einer Dreiviertelsmehrheit. Die Stimmbeteiligung lag bei 54,8 Prozent, wie der Kanton am Sonntag mitteilte.
Gerade während der Corona-Pandemie hatte sich gezeigt, dass die Mühlen der bernischen Gesetzgebung langsam mahlten – zu langsam für eine sich ständig ändernde Lage.
Ein Gesetz kann nämlich im Kanton Bern erst dann in Kraft treten, wenn entweder kein Referendum dagegen zustande kommt oder das Gesetz in einer Volksabstimmung angenommen wird. Die Frist zur Einreichung eines Referendums beträgt drei Monate.
Dringliche Gesetze sollen eine Ausnahme bleiben. Deshalb muss eine Zweidrittelmehrheit des 160-köpfigen bernischen Grossen Rats der Dringlichkeit zustimmen.
Ausserdem muss das dringliche Gesetz innerhalb eines halben Jahres obligatorisch vors Volk. Resultiert in der Abstimmung ein Nein, tritt das Gesetz sofort ausser Kraft.
Gegner chancenlos
Die Vorlage war lange kaum bestritten. Der Grosse Rat empfahl die Vorlage einstimmig zur Annahme. Mitte Februar trat ein Nein-Komitee an die Öffentlichkeit. Ihm gehörten Vertretende der Jungen SVP Bern, der Schweizer Demokraten sowie der Gruppierungen Verfassungsfreunde und Mass-Voll an.
Die beiden Gruppierungen sind im Kampf gegen Corona-Massnahmen bekannt geworden. Eine dringliche Gesetzgebung sei unnötig, schwäche den Souverän und schädige die Demokratie, machten die Gegner geltend.
Doch ihre Argumente verfingen bei der Mehrheit der Bevölkerung nicht. Nur drei der 330 bernischen Gemeinden lehnten die Vorlage ab: Roches im Berner Jura sowie Saxeten und Gündlischwand im Verwaltungskreis Interlaken-Oberhasli.