Seit August beteiligen sich im Raum Bern zehn Gymnasien und Berufsschulen mit total 8000 Schülerinnen und Schülern an einem Projekt zur Entlastung von Tram, Bus und Zug in Pendler-Stosszeiten. Durch einen späteren Schulbeginn konnte die Zahl der öV-Passagiere am frühen Morgen gesenkt werden.
Die bernische Verkehrsdirektorin Barbara Egger präsentierte am Montag vor den Medien erste Ergebnisse der mit dem neuen Schuljahr gestarteten Flexibilisierung von Stundenplänen. So beginnen im Gymnasium Neufeld seither rund 10 Prozent weniger Schülerinnen und Schüler ihren Schultag bereits um 7.50 Uhr.
In der Folge zeigten Messungen, dass an der nahen Haltestelle Lindenhof rund 20 Prozent weniger Personen aus dem Postauto ausstiegen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres - und dies trotz zunehmender Schülerzahlen. Umgekehrt sei der Bus vor der 2. und 3. Lektion - also nach der Pendlerspitze - besser ausgelastet.
Auch die Zahlen bei anderen Mittel- und Berufsschulen zeigen laut Egger "in diese Richtung", seien aber weniger deutlich und müssten teilweise in einer zweiten Zählung von externen Effekten bereinigt werden.
So stiegen bei der Haltestelle Lorraine Schüler von mehreren Berufsschulen ein- und aus. Trotzdem habe man im Wylerbus stadtauswärts in Spitzenzeiten eine Abnahme von 6,5 Prozent gemessen.
KV will ganz umstellen
Egger erwartet ab dem Schuljahr 2018 zusätzliche Entlastungen, weil dann weitere Schulen Massnahmen für einen flexibleren Schulbeginn umsetzten. So plane die Kaufmännische Berufsschule WKS KV, den Schulbeginn schrittweise ganz auf 08.35 Uhr umzustellen.
Es sei nicht einfach, "eingefleischte Gewohnheiten zu ändern", räumte Egger ein. Sie verwies jedoch auf eine Studie, wonach im Raum Bern heute rund 17 Millionen Franken gespart werden könnten, wenn Pendlerströme besser über den Tag verteilt werden könnten.
In Spitzenzeiten machen Schülerinnen und Schüler fast ein Drittel am Pendlerverkehr aus. "Es geht aber nicht nur ums Sparen", betonte Egger. Wenn die Pendlerströme besser verteilt werden, fänden die Pendler mehr Platz und damit mehr Komfort im öV. "Damit verhindern wir, dass sie auf die Strasse zurück wechseln."
Kulturwandel angestrebt
Egger verwehrte sich gegen Medienberichte, wonach ein späterer Schulbeginn grundsätzlich keine Entlastungen brächten. Angesichts des prognostizierten Verkehrswachstums und beschränkter Finanzen sei Handeln gefragt. Schon 10 bis 20 Prozent weniger Leute im öV in den Spitzenzeiten könnten helfen, das Problem zu entschärfen.
Der Kanton Bern sucht bereits seit längerer Zeit nach Lösungen, um die Verkehrsspitzen zu glätten. 2015 wurde dazu eine Umfrage in Berner Gymnasien lanciert.
Zwar sprach sich damals 80 Prozent der befragten Gymnasiasten gegen einen grundsätzlich späteren Unterrichtsbeginn aus. Eine Mehrheit konnte sich dies aber für einen bis drei Wochentage durchaus vorstellen. Diese "milderen Massnahmen" wurden nun von mehreren Schulen umgesetzt.
Für Theo Ninck, Vorsteher des kantonalen Mittelschul- und Berufsbildungsamt, geht es "nicht einfach um technische Vorkehrungen". Vielmehr solle an den Schulen ein "persönlicher Kulturwandel" angestrebt werden, nicht zuletzt zur Förderung des Fuss- und Veloverkehrs.
So können interessierte Schulen einen "Infrastrukturcheck" durchführen lassen, um optimale Velozufahrten, mehr Veloabstellplätze, Pumpstationen oder Duschmöglichkeiten anzubieten. Auch sollen die Schülerinnen und Schüler mit dem Informatiktool mobXpert für Verkehrsfragen sensibilisiert werden.
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